Object: Grundzüge der Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

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ffl. Abschnitt. 
Die Völkerwanderung und die Gründung germanischer Stammes- 
reiche auf römischem Soden 
375-476. 
1. Der Einbruch der Hunnen und der Übertritt der Westgoten in das 
oströmische Reich 375—395. 
1. In eine neue Bewegung geriet die ganze germanische 
Völkerwelt durch den Einbruch der Hunnen in Europa. Die 
Hunnen, ein wildes nomadisches Reitervolk mongolischen (uralisch- 
finuischen) Stammes, waren um das Jahr 370 aus ihrer Wan¬ 
derung aus den Steppen des östlichen Hochasiens durch das 
alte Völkerthor zwischen Uralgebirge und betn Caspischen Meer 
bis an die untere Wolga gelangt. Diese überschreitend, sprengten 
sie jenseits die Alanen auseinander. Ein Teil derselben floh 
nach dem Kaukasus, ein anderer wich gegen Nordwesten aus 
und verband sich mit Sueben und Vandalen, ein dritter Teil 
aber schloß sich den weiterstürmenden Hunnen an und verstärkte 
deren Anprall gegen das große Ostgotenreich. 
2. Der greise Ostgotenkönig Ermanarich gab sich verzwei¬ 
felnd selbst den Tod, und sein Reich zersiel. Die Ostgoten unter¬ 
warfen sich entweder in ihren alten Sitzen den Hunnenoder schlossen 
sich dem weiteren Zuge derselben gen Westen an. Ein versprengter 
Teil entwich an den Dnjestr und kam endlich nach langem Um¬ 
herirren an den Kastellen der römischen Donaugrenze an. Jenseits 
des Dnjestr trafen die Hunnen in dem alten dacischen Gebiete 
auf die Westgoten, welche durch die Auswanderung der Scharen 
des Ulsilas (S. 33) und des christlichen Königs Frithigern ge¬ 
schwächt, gerade im Begriff waren, zu einer umfassenderen Königs¬ 
herrschaft unter dem Balthen Athanarich überzugehen. Dieser 
wurde nach tapferem Widerstände zum Rückzüge erst an die Ufer 
des Pruth, dann in die Berge Siebenbürgens gezwungen; die flüch¬ 
tigen Scharen Frithigerns aber und Alavivs, bei 200 000 Krieger 
mit Weibern und Kindern, Herden und Wagen, fanden 376 durch 376 
Valens, den Kaiser des Ostens, diesseits der Donau im römi¬ 
schen Mösien Aufnahme; versprengte Scharen der Ostgoten folgten 
gegen den Willen des Kaisers. 
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