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Briefe mit und an den Kaiser war doch bald, daß es um
Romanzoff und seinen ganzen Klüngel getan war und andere
Männer, Stein an der Spitze, nebst Kotschubey, Lieven usw.,
oben zu schweben schienen.
Für den Augenblick galt es jetzt, Großbritannien zu
v oller Teilnahme und auch Schweden und Wenigermächtige
zu gewinnen. Ich habe die Namen Graf Münster und General
Gneisenau genannt. Für das englische Kabinett ging alles
an Münster. Begreiflicherweise stand er mit Stein auf dem
allerfreundlichsten Fuße. Stein war überhaupt mit seinen
Gefühlen und Ansichten ein so ohne alle Berechnung voll
natürlicher Mensch, daß, wo Großes auf dem Spiele stand,
alles Kleine und alle kleinen, alltäglichen Rücksichten bei
ihm zusammenfielen und nur ein großer Grundgedanke
herrschte. Wer mit ganzer Seele die Franzosen und Napoleon
und ihre Herrschaft haßte und verabscheute, den umhalste
er sogleich mit voller Herzenswärme. So ward Münster
ihm jetzt eine Zeitlang ein politischer Liebling und in solcher
Gesinnung waren auch die Briefe an ihn gefaßt. Mir aber,
der die Briefe leider zu lesen bekam, und der etwas kühler
zwischen den Zeilen lesen konnte, entging nicht, wie grund¬
verschieden die eigentliche Grundlage der Charaktere der
beiden Männer war.
In Stein erkannte ich den stolzen freien Reichsritter,
welchen noch hohenstaufische Kaisererinnerungen umleuch¬
teten, und welcher alles deutsche Volk groß und frei haben
wollte; in dem Grafen Münster schaute mir doch der hoffär-
tige, aristokratische Junkergraf des achtzehnten Jahr¬
hunderts entgegen. Er machte in seinen Briefen schon
häufig Einwendungen gegen Steins Ansicht, daß es nimmer
anders gehen könne, daß der Krieg als ein Aufstand gegen
die Welschen, damit ihnen die Haare zu Berge stünden, in
spanischer und tirolischer WTeise geführt, daß alles Volk
mit allen Kräften der Herzen und der Fäuste zu den Waffen