Die hohenzollerschen Kurfürsten von 1535—1640.
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§ 164. Johann Sigismund. 1608—1619. Joachim Friedrichs 1608-1619.
Sohn JohannSigismund ragt deshalb hervor, weil er bedeut-
same Erwerbungen machte und in kühner und umsichtiger Weise
seinem Hause sicherte. Er hatte sich mit der Tochter Albrecht Fried-
richs von Prenßen vermählt, dessen Gemahlin die älteste Schwester
des Herzogs von Cleve, Jülich und Berg war. Als nun der
letztere starb, erhoben einerseits Johann Sigismund, andrerseits der
Pf°fä9raf von Psalz - Neuburg als Sohn einer jüngeren Schwester
des Herzogs Ansprüche auf die rheinischen Lande. Der Erbstreit
wurde, wie früher erzählt, im Vertrage von Xanten dadurch vorläufig
beigelegt, daß das Herzogtum Cleve und die Grafschaften Mark Cleve. Mark
und Ravensberg an Brandenburg, Jülich und Berg an Pfalz- ^ Ravens-
Neuburg fielen. Doch ist die endgültige Lösung der Streitfrage erst
unter dem großen Kurfürsten erfolgt.
Als nun im Jahre 1618 auch Albrecht Friedrich von Preußen.
Preußen starb, trat Johann Sigismund auch dort die Regierung 1618,
an. Zwar wurde er dadurch ein Vasall des Königs von Polen.
Aber es war von großer Wichtigkeit, daß in derselben Zeit, wo
Brandenburg am Rheine Fuß faßte, auch dieses an der deutschen Ost-
grenze belegene Land, das einst der deutsche Orden dem Deutschtum
gewonnen hatte, dem werdenden norddeutschen Staatswesen einver-
leibt wurde. Brandenburg war nunmehr in der Tat, von Habsburg
abgesehen, der mächtigste deutsche Staat.
Bereits während der clevischen Händel hatte Johann Sigismund übertritt zur
im Jahre 1613 den wichtigen Schritt getan, vom Luthertum zur re - Lehr?""
sormierten Lehre überzutreten. Er hatte sich dazu aus innerer
Uberzeugung entschlossen, nicht aus Rücksicht auf politische Verhält-
nisse. Bei seinen lutherischen Untertanen erregte der Übertritt viel
Anstoß. Aber der Kurfürst ließ sich dadurch nicht beirren, sondern
gestand den Reformierten die volle Gleichberechtigung
mit den Lutheranern zu; er war der erste Fürst, der für die gegen-
seitige Duldung der religiösen Bekenntnisse eintrat.
§ 165. Georg Wilhelm. 1619—1640. Der neue Träger des 1619-1640.
Kurhuts, Georg Wilhelm, war ein schwacher und kraftloser
Regent, dessen Regierung leider in die schweren Zeiten des dreißig-
jahrigen Krieges fiel. Großes Ansehen genoß bei ihm sein Minister
GrafSchwarzenberg, welcher katholisch war und ihn im
Sinne der kaiserlichen Partei beeinflußte. Als Gustav Adolf in Deutsch-
land erschien, schloß sich der Kurfürst nur gezwungen an ihn an; im
Frieden von Prag verließ er 1635 das schwedische Bündnis wieder
und vertrug sich mit dem Kaiser, was zur Folge hatte, daß die
Schweden Brandenburg durch Plünderungszüge heimsuchten, während