Full text: Nord-Amerika (Bd. 5, Abth. 1)

289 
Die Hottentotten. 
Die Hottentotten, eine Völkerschaft, welche zwischen den Weißen und Negern 
in der Mitte steht, sind gelbbraun, wohlgewachsen und gewöhnlich 6 Fuß hoch. 
Die Weiber sind kleiner. Sie haben einen bissen Kopf, große Austen, platte 
Nasen, die aber durch daö Eindrükken nach der Geburt entstehen, bisse Lippen, 
hohe Bakkenknochen, weiße Zähne, krauses schwarzes Haar und verhältnißmäßig 
kleine Hände und Füße. Von Jugend auf beschmieren sie den ganzen Leib mit 
Butter oder Schafsfett, was zwar den Gliedmaßen Geschmeidigkeit und Stärke 
giebt, aber auch eine» häßlichen Geruch verbreitet und in einem so' sandigen Lande, 
wie daö ihrige ist, große Nnreinlichkeit verursacht. Ihre ganze Kleidung besteht 
auö einem über die Schultern gehängten Schaffelle, dessen rauhe Seite einwärts 
gekehrt ist. Strümpfe, Hemden, Westen, Hüte u. dergl. bedürfen sie nicht, und 
die Schuhe werden höchstens durch lederne Sohlen ersetzt, welche mit Riemen 
befestigt und größtentheilö nur von den Weibern getragen werden, um sich gegebn 
stachlichte Gewächse zu schützen. 
Der vvruchittste Putz besteht in Korallcnschnüren, mit welchen sie Haare, 
Hals und Arme ziere». Ihre Wohnungen sind Hütten, auö dünnen Stäben 
zusammengesetzt, mit Binsenmatten belegt und so niedrig, daß man kaum aufrecht 
darin stehen kann. Die Oeffuung zum Eingänge ist kaum lt Fuß hoch und init 
einem Schaffelle behängen. In der Mitte ist der Feuerherd, und der Eingang 
dient zum Rauchfange. Die Hütten sind rund, gleich Bienenkörben, und einige 
zwanzig derselben machen einen Kraal, oder ein Dorf aus, das immer im Kreise, 
mit einwärts gerichteten Hüttenthüren, gebaut wird. I» de» inneren, freien 
Raum wird bei der Nacht ihr Vieh getrieben. Ihre gewöhnlichen Nahrungs¬ 
mittel bestehen in Kräuter», Wurzeln und allen Arten von gekochtem oder gebra¬ 
tenem Fleische. Gedärme von Ochsen und Schafen sind ihnen ein besonderer 
Lekkerbissen; Alles wird ohne Salz und anderes Gewürz genossen. Sie essen 
gewöhnlich so lange, als etwas vorräthig ist. Die Männer sind gern faul oder 
beschäftigen sich mit der Jagd. Die Weiber verrichten die meiste Arbeit. Beide 
Geschlechter rauchen häufig Tabakk und sind auf geistige Getränke, besonders Brannt¬ 
wein, sehr erpicht. Haben sie Nichts jit essen, so schnüren sie den Leib zusammen 
oder legen sich schlafen. — Viehzucht ist ihre einzige Beschäftigung. 
Jeder Kraal hat sein eigenes Oberhaupt und bildet eine kleine Republik. 
Ihre Sprache ist äußerst schwer. — Alte und hülfölosc Personen werden verstoßen, 
krüpplige Kinder gleich nach der Geburt getödtet. Sie kennen weder Zeit¬ 
rechnung, noch Schreibekunst, noch Geld; ihr Handel ist Tauschhandel; kurz, sie 
gehören zu den ungebildeten Völkerschaften. Nebrigenö leben sie sehr friedlich 
unter einander, und selten kommt eö zu Thätlichkeiten. ; 
Nächst den Hottentotten trifft man die Buschmänner oder die wilden 
Hottentotten an. Diese halten sich in den äußersten Gebirgsgegenden auf, wohnen 
in Klüften und Höhlen, haben weder Akkerbau, noch Viehzucht, sondern leben 
von Wurzeln, Ameiseneiern, Hcuschrekken und Gewürme, aber vornehmlich vom 
Raube. Sie gehen ganz misst, haben weder feste Wohnplätze, noch Oberhäupter, 
und sind folglich ganz wild. Sie laufen außerordentlich schnell, schießen mit 
vergifteten Pfeilen und sind den benachbarten Hottentotten sehr gefährlich. 
Die Habsucht der Europäer hat ihre Entstehung veranlaßt; denn diese 
drängten die Eingeborenen immer weiter zurükk, und zwangen dadurch die äußerst 
wohnende» zu dieser höchst elenden Lebensart.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.