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hätte! Er war blind. Aber war nicht ein Zisca anch
blind und ging in die Schlacht? That nicht ein Gleiches
der blinde Dándolo, Doge von Venedig? Und wahrlich,
Beide dienten hohen Gütern! — Aber Georg mußte doch
auf dem Schlachtfelde gewesen sein! Wirklich erschien er
ans demselben, als die Schlacht vorüber war. Wie sah
es ans! „Es war besäet mit Menschen- und Pferdeleichen
und Leibern, das Blut bildete wahre Lachen, die Seufzer,
das Stöhnen und die unaussprechlichen Jammerlaute und
Hülferufe Schwerverwnndeter zermalmten ein Herz von
Stein." Da brachen anch aus den blinden Augen des
Königs Thränen — das Gericht begann. Aber schnell
suchte er wieder Rettung in der Selbsttäuschung, denn an
demselben Tage noch erließ er eine Proclamation an sein
Heer, die den heuchlerischen Mann mehr als alles Andere
kennzeichnet. Der Schluß der Proclamation lautet: „Die
Namen der todesmuthigen Opfer werden in unserer Ge¬
schichte mit unauslöschlichen Zügen prangen, und unser
göttlicher Heiland wird ihnen oben den himmlischen Lohn
verleihen. Erheben wir vereinigt die Hände zu dem drei¬
einigen Gott, ihn für unfern Sieg zu loben und zu preisen,
und empfanget ihr treuen Krieger alle den nie erlöschenden
Dank eures Königs, der mit seinem ganzen Hause und
euch den Herrn, um Jesu Christi willen, anfleht, unserer
Sache, welche die feinige, weil sie die Sache der Ge¬
rechtigkeit, seinen Segen zu verleihen. Georg V. Rex."
Er lechzte also nach neuen Opfern, und wirklich ward
von seiner Seile am nächsten Tage freier Abzug oder neuer
Kampf begehrt. Der Parlamentär wurde preußischer Seits
zurückgewiesen. Es waren nun preußische Truppen in