Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

80 
Räuberhöhle, in welcher slavische Seeräuber sich und ihre Beute zu ver¬ 
bergen pflegten, und mußte Hunger und Blöße erdulden, richtete aber doch 
seinen Auftrag aus. Dann wurden auch zu Rate kau und Lütjenburg 
die Plätze bezeichnet,'wo Kirchen erbaut werden sollten. Aus diese Weise 
gewann das Christenthum in Wagrien durch die wechselseitige Hülfe, welche 
sich der Graf und der Bischof leisteten, immer mehr Boden. 
Wir wollen aber Gerold nicht begleiten bei allen seinen weitern Arbei¬ 
ten; wir wollten ja eigentlich nur von drei Tagen sprechen. So soll denn 
auch nur von seiner letzten That noch die Rede fein. Der Bischof baute sich 
eine Kathedrale, eine Hauptkirche für fein Bisthum, ehe er starb. Olden¬ 
burg war ein zu entlegener, zu unbedeutender Ort für den Mittelpunkt 
seines Sprengels; aber Lübeck sing an, mächtig empoV zu blühen. Es 
erfreute sich der besondern Gunst und Liebe des sächsischen Herzogs, und 
man konnte schon damals die Größe und Herrlichkeit ahnen, zu welcher es 
sich emporschwingen werde. So war es angemessen, daß diese Stadt, welche 
alle älteren des östlichen Holsteins zu überflügeln und der Mittelpunkt des 
Handels und Verkehrs für diese Gegenden zu werden bestimmt schien, auch 
der Hauptort des Bisthums wurde. Der Herzog ging bereitwillig auf 
Gerolds Plan ein. Es wurde ein Domkapitel gestiftet, d. h. eine Vereini¬ 
gung von (meistens 12) Geistlichen (Stiftsherren) mit einem Probst an der 
Spitze, welche die geistlichen Verrichtungen an der Domkirche wahrzunehmen 
hatten, wie sie in katholischen Ländern an jeder Kathedrale besteht. Zum 
Probste wurde der heldenmüthige Athelo verordnet, der Lübeck einst vor 
einem wendischen Ueberfall bewahrt hatte. Der Herzog und der Bischof 
gaben der jungen Kirche Einkünfte und Gerechtsame; der Graf schenkte 
mehrere Dörfer; so konnte die Kirche gebaut und das Domkapitel versorgt 
werden. Die jetzige Domkirche war es freilich noch nicht, die ist etwas jünger. 
Im Jahre 1163 ward sie fertig und sollte nun eingeweiht werden; allein 
nach dem Osterfeste erkrankte Gerold und lag schwer darnieder bis in den 
Juli. Da betete er, Gott möge doch so lange sein Leben fristen, bis die 
Lübecker Kirche eingeweiht und das Kapitel eingerichtet fei. Und wie einst 
des Königs Hiskia, so ward auch sein Gebet erhört. Schmerz und Schwäche 
weichen, und in der Mitte des Juli wird die Einweihung mit großer Feier¬ 
lichkeit vollzogen. Der Erzbischof von Bremen war selbst nach Lübeck ge¬ 
kommen, und führte den Bischof mit festlichem Gepränge in die Kirche ein. 
Der Herzog Heinrich und Graf Adolf waren zugegen und beeiserten sich, ihre 
Gewogenheit durch neue Schenkungen an die Kirche und das Domstift zu 
erkennen zu geben. Damit war aber die Versetzung des Bisthums nach 
Lübeck feierlich proklamirt; Oldenburg war seiner Zierde beraubt. 
Gerold hatte sein Tagewerk vollbracht und fühlte, daß fein Ende nahe 
fei. Da beschließt er denn, noch einmal eine Rundreise durch seinen Sprengel 
zu machen, gleichsam um Abschied zu nehmen von seinem irdischen Wirkungs¬ 
kreise. Allenthalben, wohin er kam, versammelte er die Gemeinden, ermahnte 
sie zum Guten, stärkte sie im Glauben, wies die Irrenden zurecht, brachte 
die Zwieträchtigen zum Frieden. Zu Plön untersagte er den Wochenmarkt, 
der dort sonntäglich abgehalten und von Wenden und Holsteinern mit Ver¬ 
nachlässigung des Gottesdienstes besucht wurde. Als er zu Lütjenburg an¬ 
gekommen war und die Messe gehalten hatte, fühlte er plötzlich seine letzten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.