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Räuberhöhle, in welcher slavische Seeräuber sich und ihre Beute zu ver¬
bergen pflegten, und mußte Hunger und Blöße erdulden, richtete aber doch
seinen Auftrag aus. Dann wurden auch zu Rate kau und Lütjenburg
die Plätze bezeichnet,'wo Kirchen erbaut werden sollten. Aus diese Weise
gewann das Christenthum in Wagrien durch die wechselseitige Hülfe, welche
sich der Graf und der Bischof leisteten, immer mehr Boden.
Wir wollen aber Gerold nicht begleiten bei allen seinen weitern Arbei¬
ten; wir wollten ja eigentlich nur von drei Tagen sprechen. So soll denn
auch nur von seiner letzten That noch die Rede fein. Der Bischof baute sich
eine Kathedrale, eine Hauptkirche für fein Bisthum, ehe er starb. Olden¬
burg war ein zu entlegener, zu unbedeutender Ort für den Mittelpunkt
seines Sprengels; aber Lübeck sing an, mächtig empoV zu blühen. Es
erfreute sich der besondern Gunst und Liebe des sächsischen Herzogs, und
man konnte schon damals die Größe und Herrlichkeit ahnen, zu welcher es
sich emporschwingen werde. So war es angemessen, daß diese Stadt, welche
alle älteren des östlichen Holsteins zu überflügeln und der Mittelpunkt des
Handels und Verkehrs für diese Gegenden zu werden bestimmt schien, auch
der Hauptort des Bisthums wurde. Der Herzog ging bereitwillig auf
Gerolds Plan ein. Es wurde ein Domkapitel gestiftet, d. h. eine Vereini¬
gung von (meistens 12) Geistlichen (Stiftsherren) mit einem Probst an der
Spitze, welche die geistlichen Verrichtungen an der Domkirche wahrzunehmen
hatten, wie sie in katholischen Ländern an jeder Kathedrale besteht. Zum
Probste wurde der heldenmüthige Athelo verordnet, der Lübeck einst vor
einem wendischen Ueberfall bewahrt hatte. Der Herzog und der Bischof
gaben der jungen Kirche Einkünfte und Gerechtsame; der Graf schenkte
mehrere Dörfer; so konnte die Kirche gebaut und das Domkapitel versorgt
werden. Die jetzige Domkirche war es freilich noch nicht, die ist etwas jünger.
Im Jahre 1163 ward sie fertig und sollte nun eingeweiht werden; allein
nach dem Osterfeste erkrankte Gerold und lag schwer darnieder bis in den
Juli. Da betete er, Gott möge doch so lange sein Leben fristen, bis die
Lübecker Kirche eingeweiht und das Kapitel eingerichtet fei. Und wie einst
des Königs Hiskia, so ward auch sein Gebet erhört. Schmerz und Schwäche
weichen, und in der Mitte des Juli wird die Einweihung mit großer Feier¬
lichkeit vollzogen. Der Erzbischof von Bremen war selbst nach Lübeck ge¬
kommen, und führte den Bischof mit festlichem Gepränge in die Kirche ein.
Der Herzog Heinrich und Graf Adolf waren zugegen und beeiserten sich, ihre
Gewogenheit durch neue Schenkungen an die Kirche und das Domstift zu
erkennen zu geben. Damit war aber die Versetzung des Bisthums nach
Lübeck feierlich proklamirt; Oldenburg war seiner Zierde beraubt.
Gerold hatte sein Tagewerk vollbracht und fühlte, daß fein Ende nahe
fei. Da beschließt er denn, noch einmal eine Rundreise durch seinen Sprengel
zu machen, gleichsam um Abschied zu nehmen von seinem irdischen Wirkungs¬
kreise. Allenthalben, wohin er kam, versammelte er die Gemeinden, ermahnte
sie zum Guten, stärkte sie im Glauben, wies die Irrenden zurecht, brachte
die Zwieträchtigen zum Frieden. Zu Plön untersagte er den Wochenmarkt,
der dort sonntäglich abgehalten und von Wenden und Holsteinern mit Ver¬
nachlässigung des Gottesdienstes besucht wurde. Als er zu Lütjenburg an¬
gekommen war und die Messe gehalten hatte, fühlte er plötzlich seine letzten