Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

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und belagerte Alessandria, eine Stadt, die ihm zum Trotz erbaut worden 
war.' Es war Winter; häufiger Regen durchnäßte den ohnehin sumpfigen 
Boden; Krankheiten und Ungemach aller Art hatten das deutsche Heer ge¬ 
schwächt. Da rückte ein lombardisches Heer wohlgerüstet zum Entsatz herbei. 
Friedensverhandlungen zerschlugen sich, das Schwert mußte entscheiden. 
Der Kaiser sammelte alle Kräfte zum blutigen Entscheidungskampf und 
rief neue Verstärkung aus Deutschland herbei. Vor Allem rechnete er auf 
den Zuzug seines Jugendfreundes und Waffengefährten, des Herzogs Hein¬ 
rich. Aber der Löwe kam nicht. Er schützte sein Alter vor, obwohl er erst 
46 Jahre alt und jünger als der Kaiser war, und berief sich auf nöthige Ge¬ 
schäfte im eignen Lande. Friedrich, dem in dieser Roth Alles an dem Bei¬ 
stand des mächtigen Herzogs lag, lud ihn zu einer Unterredung ein und 
Heinrich begab sich wirklich mit seinem Gefolge nach Chiavenna am 
Comer-See. Hier erinnerte ihn der Kaiser an die vielen Beweise von 
Freundschaft und Liebe, die er ihm gegeben, an die Länder, die er ihm zuge¬ 
wandt habe und bat und flehte, er möchte ihn doch in diesem Augenblicke, wo 
des deutschen Vaterlandes Ehre auf dem Spiel stehe, nicht verlassen. Um¬ 
sonst! Der stolze Löwe blieb ungerührt. Da stand der Kaiser in großer 
Gemüthsbewegung auf, umfaßte des Herzogs Knie und bat noch dringender. 
Heinrich war bestürzt und suchte den Kaiser aufzuheben, aber von seiner 
Weigerung ließ er nicht ab. Da nahete sich dem Kaiser würdevoll seine 
Gemahlin. „Lieber Herr, stehe auf," sagte sie, „Gott wird dir helfen, 
wenn du einst diesen Hochmuth bestrafest." Der Kaiser erhob sich, aber 
Heinrich ritt trotzig nach Deutschland zurück (1175). 
Da nun der Kaiser 1176 von den Lombarden bei Lignano völlig ge¬ 
schlagen wurde und so die Frucht einer zwanzigjährigen Arbeit ganz vernich¬ 
tet sah, lieh er gern den Feinden Heinrichs sein Ohr, als diese ihn wegen 
seines Stolzes und seiner Anmaßung bei ihm verklagten, und forderte ihn 
vor einen Reichstag nach Worms. Heinrich erschien nicht. Da lud ihn 
der erzürnte Kaiser zum zweiten Male nach Magdeburg vor Gericht. Hein¬ 
rich kam wieder nicht, und als er nun auf dem dritten und vierten Reichstag, 
zu Goslar und Würzburg, ausblieb, faß der Kaiser 1180 über ihn zu 
Gericht und sprach die Acht aus, und die Fürsten erklärten ihn seiner Herzog- 
thümer und aller übrigen Lehen für verlustig. Das Herzogthum Sachsen 
ward an den Grafen Bernhard von Anhalt, einen Sohn Albrechts des 
Bären, und Baiern an den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach ge¬ 
geben. 
Die Feinde griffen auf des Kaisers Richterspruch gern und rasch zu den 
Waffen, um sich ihren Theil der Beute zu nehmen; allein der alte Löwe 
wehrte sich tapfer. 
Für alle Lehnsmänner des Herzogs entstand nun die wichtige Frage, ob 
sie ihrem alten Lehnsherrn gegen Kaiser und Reich treu bleiben oder die 
neuen Herrscher anerkennen wollten; auch der junge Graf von Holstein 
Adolf HI. mußte sich entscheiden. 
Er war erst drei Jahre alt gewesen, als sein Vater auf dem Schlacht- 
selde bei Demmin seinen Tod gefunden. Seine Mutter Mechthilde hatte 
anfangs allein für ihn regiert. Da aber eine Frau in jenen unruhigen 
Zeiten der Beherrschung des Landes nicht gewachsen schien, hatte Heinrich
	        
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