82
und belagerte Alessandria, eine Stadt, die ihm zum Trotz erbaut worden
war.' Es war Winter; häufiger Regen durchnäßte den ohnehin sumpfigen
Boden; Krankheiten und Ungemach aller Art hatten das deutsche Heer ge¬
schwächt. Da rückte ein lombardisches Heer wohlgerüstet zum Entsatz herbei.
Friedensverhandlungen zerschlugen sich, das Schwert mußte entscheiden.
Der Kaiser sammelte alle Kräfte zum blutigen Entscheidungskampf und
rief neue Verstärkung aus Deutschland herbei. Vor Allem rechnete er auf
den Zuzug seines Jugendfreundes und Waffengefährten, des Herzogs Hein¬
rich. Aber der Löwe kam nicht. Er schützte sein Alter vor, obwohl er erst
46 Jahre alt und jünger als der Kaiser war, und berief sich auf nöthige Ge¬
schäfte im eignen Lande. Friedrich, dem in dieser Roth Alles an dem Bei¬
stand des mächtigen Herzogs lag, lud ihn zu einer Unterredung ein und
Heinrich begab sich wirklich mit seinem Gefolge nach Chiavenna am
Comer-See. Hier erinnerte ihn der Kaiser an die vielen Beweise von
Freundschaft und Liebe, die er ihm gegeben, an die Länder, die er ihm zuge¬
wandt habe und bat und flehte, er möchte ihn doch in diesem Augenblicke, wo
des deutschen Vaterlandes Ehre auf dem Spiel stehe, nicht verlassen. Um¬
sonst! Der stolze Löwe blieb ungerührt. Da stand der Kaiser in großer
Gemüthsbewegung auf, umfaßte des Herzogs Knie und bat noch dringender.
Heinrich war bestürzt und suchte den Kaiser aufzuheben, aber von seiner
Weigerung ließ er nicht ab. Da nahete sich dem Kaiser würdevoll seine
Gemahlin. „Lieber Herr, stehe auf," sagte sie, „Gott wird dir helfen,
wenn du einst diesen Hochmuth bestrafest." Der Kaiser erhob sich, aber
Heinrich ritt trotzig nach Deutschland zurück (1175).
Da nun der Kaiser 1176 von den Lombarden bei Lignano völlig ge¬
schlagen wurde und so die Frucht einer zwanzigjährigen Arbeit ganz vernich¬
tet sah, lieh er gern den Feinden Heinrichs sein Ohr, als diese ihn wegen
seines Stolzes und seiner Anmaßung bei ihm verklagten, und forderte ihn
vor einen Reichstag nach Worms. Heinrich erschien nicht. Da lud ihn
der erzürnte Kaiser zum zweiten Male nach Magdeburg vor Gericht. Hein¬
rich kam wieder nicht, und als er nun auf dem dritten und vierten Reichstag,
zu Goslar und Würzburg, ausblieb, faß der Kaiser 1180 über ihn zu
Gericht und sprach die Acht aus, und die Fürsten erklärten ihn seiner Herzog-
thümer und aller übrigen Lehen für verlustig. Das Herzogthum Sachsen
ward an den Grafen Bernhard von Anhalt, einen Sohn Albrechts des
Bären, und Baiern an den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach ge¬
geben.
Die Feinde griffen auf des Kaisers Richterspruch gern und rasch zu den
Waffen, um sich ihren Theil der Beute zu nehmen; allein der alte Löwe
wehrte sich tapfer.
Für alle Lehnsmänner des Herzogs entstand nun die wichtige Frage, ob
sie ihrem alten Lehnsherrn gegen Kaiser und Reich treu bleiben oder die
neuen Herrscher anerkennen wollten; auch der junge Graf von Holstein
Adolf HI. mußte sich entscheiden.
Er war erst drei Jahre alt gewesen, als sein Vater auf dem Schlacht-
selde bei Demmin seinen Tod gefunden. Seine Mutter Mechthilde hatte
anfangs allein für ihn regiert. Da aber eine Frau in jenen unruhigen
Zeiten der Beherrschung des Landes nicht gewachsen schien, hatte Heinrich