Die Israeliten.
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zum Kampfe führten, reichte ihr Einfluß nicht so weit, daß sie eine ge¬
ordnete Verfassung aufrecht gehalten und die Mosaische Lehre zu voller
Geltung und Herrschaft gebracht hätten. Wenn daher die Männer
Richter oder mit dem hebräischen an die phönicischen Suffeten erinnern¬
den Namen Schophetim heißen, so ist nicht ein Amt, sondern eine vorüber¬
gehende Stellung damit bezeichnet.
10. Die Niederlassung der Israeliten hatte damit begonnen, daß
Moses die Landschaft an der Oftseite des Jordans den Stämmen Nuben
und Gad und einer Hälfte des Stammes Manasse anwies, die jedoch
das Versprechen geben mußten, den übrigen Stämmen zur Eroberung
des Landes auf der Westseite des Flusses behülflich zu sein. Diese Er¬
oberung begann unter Josua, den Moses durch Handauflegung zu seinem
Amte geweiht und dem er die Wichtigkeit seines Berufes dadurch, daß
er ihn vor den Hohepriester Eleazar gestellt, fühlbar gemacht hatte.
Die Bundeslade voran, zogen die Israeliten durch das Bett des Jor¬
dans, der sich, wie einst das rothe Meer beim Auszug aus Aegypten, vor
ihnen theilte. Am ersten Ruheplatze bei Gilgal bereitete man sich durch
religiöse Uebungen zur Besitznahme des Landes, und mit Wundern, dem
Sturze der Mauern von Jericho und dem Stillestehen der Sonne bei
der nach Unterwerfung der Stadt Gibeon gelieferten Schlacht, verherr¬
lichte Gott den Anfang des Krieges, der in seinem Namen unternommen
war. Sieben Jahre verflossen, ehe man an die Vertheilung des Landes
denken konnte. Nach Feierlichkeiten, welche daran erinnerten, daß Gott der
Herr des Landes sei, wurde bei dem Berge Ebal bei Sichem an den
auch früher schon ausgezeichneten Kaleb, der mit Josua die erste Kund¬
schaft aus Kanaan zu Moses gebracht, die Stadt Hebron gegeben, das
Land an der Westseite des tobten Meeres dem Stamme Juda und ein
nördliches nicht unmittelbar anstoßendes Gebiet, in dem man sich eben
befand, dem Stamme Ephraim und von dem, was nordwärts darauf
folgte, die Westhälfte der zweiten Hälfte des Stammes Manasse ange¬
wiesen. Zum Sitze des Heiligthums und somit zum Mittelpunkte des
religiösen und politischen Lebens wurde das in Ephraim gelegene Siloh
gewählt. Hier wurden, nachdem man von den übrigen Gegenden die
nöthige Kunde eingezogen, die noch unversorgten Stämme in ihre Loose
eingewiesen. Simeon fand im Süden von Juda seinen Platz, Dan und
Benjamin wurden, der erstere westlich, der andere östlich, zwischen Juda
und Ephraim eingeschoben, Jsaschar füllte den Raum zwischen der zweiten
Hälfte Manasses und dem Jordan, und Sabulon, Ascher und Naphthali
erhielten die nördlichsten Gegenden des Landes. Der Stamm Levi,
dessen Loos der Dienst Gottes sein sollte, wurde mit keinem besonderen
Gebiete bedacht. Die Priester erhielten dreizehn Städte in den Ge¬
bieten von Simeon, Juda und Benjamin und die übrigen Leviten 35