Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

Die Israeliten. 
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Gärten und Wasseranlagen versehen, im Lande umher mit Hülfe der 
übriggebliebenen Kanaaniter manche Stadt erbaut, die Stadt Palmyra 
in der Wüste gegründet, die Verwaltung geregelt und ausgedehnt, eine 
ordentliche Kriegsverfassung eingeführt, Handelsverbindungen mit Aegypten 
angeknüpft und die mit Tyrus durch die gemeinschaftlichen Fahrten nach 
Ophir, die von dem Hafen Eziongeber ausgingen, erweitert. So erhielt 
das israelitische Königthum zu der unter David gewonnenen religiösen 
auch eine politische Bedeutung. Mit dem Ruhme des Staates ver¬ 
breitete sich der Ruf von des Königs Weisheit, der im Lande den Ver¬ 
kehr mit dem Auslande fruchtbar zu machen wußte und in sinnvollen 
Sprüchen eine genaue und tiefe Kenntniß des Menschen offenbarte. 
Diese Weisheit erhält eine höhere Weihe durch die fortlaufende Be¬ 
ziehung, welche That und Wort des Königs auf Gott haben, eine 
Beziehung, ohne welche keine Handlung fruchtbar wird und keine Lehre 
Erfolg hat. Wie Salomo in erfterer Beziehung durch den Ban des 
Tempels irdische Schätze zur Verherrlichung Gottes verwendet, so leiht 
er in letzterer den Schatz seiner Erkenntniß und seiner Einbildungskraft 
der Verkündigung göttlicher Lehre. Hicher gehört auch das von ihm 
herrührende Lied der Lieder, das unter dem Bilde einer begeisterten 
irdischen Liebe das Verhältniß Gottes zu seinen Verehrern darstellt. In 
dieser Darstellung verkündet sich aber auch schon eine Gefahr, der Salomo 
ungeachtet seiner Weisheit erlag. Die Benutzung der natürlichen Er¬ 
scheinungen zu Sinnbildern übernatürlicher Verhältniffe kann dem Men¬ 
schen auch die Natur für sich liebenswürdig und durch Verwechselung 
des Sinnbildes mit dem Versinnbildeten anbetungswürdig machen. Dieser 
Abirrung salomonischer Weisheit verdanken die Sagen ihren Ursprung, 
in welchen spätere Zeiten ihm eine zauberhafte Beherrschung der Kräfte 
der Natur beigelegt haben. Aber auch in Wirklichkeit hat die wuchernde 
Fülle irdischen Glückes, die er um sich gehäuft hatte, seiner Sehnsucht 
eine Richtung auf die sinnliche Erscheinung gegeben und ihn ihrer ver¬ 
führerischen Kraft dienstbar gemacht. Das ging so weit, daß unter dem 
Einsiusse fremder Frauen sein Hof ein Schauplatz der Ueppigkeit wurde 
und selbst die auswärtigen Religionen mit ihrer Verehrung der Natur 
Herrschaft über ihn gewannen. Hatte David das Volk zu einer Höhe 
erhoben, daß es bei strenger Verfolgung seines Weges die in der Zeit 
seiner Abgeschiedenheit entwickelte Eigenthümlichkeit für andere Völker 
im Dienste der Wahrheit hätte nutzbar machen können, so wurde es jetzt 
von den verfeinerten Bedürfnissen ausländischen Wohllebens so abhängig, 
daß der Kampf mit dem Heidenthum von Neuem erwachte. Hatte zur 
Zeit der Richter, wie die Geschichte der auswandernden Daniten an 
einem Beispiele zeigt, die Absonderung Einzelner auch zu einer bis zur 
Abgötterei gehenden Absonderung des Gottesdienstes geführt, so verleitete
	        
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