Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

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Die Perser. 
falls mit den Großen der Perser angestellte Berathuug zeigt den des¬ 
potischen Sinn des Königs und den knechtischen Sinn seiner Umgebung. 
Mardonius, der sich schon als Statthalter des eroberten Landes sah, 
sprach für das Vorhaben in einer dem König schmeichelnden Weise und des 
Darms Bruder Artabanus erregte durch Vorlegung gegründeter Bedenken 
den äußersten Zorn des Serres, ohne daß das Gewicht derselben einem 
der Anwesenden den Muth gegeben hätte, auf eine ernstliche Erwägung 
derselben einzugehen. Sagenhaft ist es, aber zur Bezeichnung der 
einstens über den Verlauf großer Unternehmungen herrschenden Ansicht 
von Wichtigkeit, daß auch hier ein auf göttliche Einwirkung bezogenes 
Zeichen den König in das unheilvolle Unternehmen fortgerissen haben 
soll. Es gibt einen Maßstab für die Vorstellung von den Göttern, 
wenn jede menschliche Größe als ein Gegenstand göttlichen Neides er¬ 
scheint, als ob Götter durch ungewöhnliche Macht der Menschen ihre 
Weltherrschaft bedroht glaubten. Doch läßt sich nicht unterscheiden, wie 
Vieles von solchen Meinungen den Persern selbst zukömmt, da auch die 
Griechen, durch welche diese Geschichten überliefert sind, das Vernommene 
nach den bei ihnen herrschenden Ansichten gestaltet haben können. Die 
Gründe des Artabanus wirkten während der Nacht dergestalt im Ge- 
müthe des Königs, daß er am folgenden Tage den Großen das Auf¬ 
geben seines Planes verkündete, was diese mit gleicher Unterwürfigkeit 
wie den ersten Entschluß vernahmen. Darauf tadelt in der nächsten 
Nacht ein Traumgesicht den König wegen dieses Aufgebens und nach 
seiner Meinung muß es die beste Probe für die Zuverlässigkeit der Er¬ 
scheinung sein, wenn sie bei Artabanus, nachdem dieser in königlicher 
Kleidung sich auf dem königlichen Lager zur Ruhe gelegt, wiederkehrt. 
Der Versuch wird gemacht, Artabanus wird für sein Abrathen mit 
Ausbrennen der Augen bedroht und erklärt sich nun für den Feldzug. 
Bei diesem Zuge entfaltete der Despotismus alle seine Kräfte und alle 
seine Pracht. Eine große Flotte kleiuasiatischer, phönicischer und ägyptischer 
Schiffe sammelte sich an der Westküste Kleiuasiens, ein großes Landheer 
auf der Ebene von Kritale in Kappadocien. Die Natur selbst schien 
dem Könige dienstbar gemacht werden zu sollen. Der Flotte wurde, 
damit sie den Weg längs des Athos vermeide, ein Kanal durch die 
niedrige Landenge gegraben, durch welche die hohe Halbinsel mit dem 
Festlande verbunden ist. Ueber den Hellespont werden an der engsten 
Stelle, zwischen Abydus und Sestus, Brücken zum Uebergange des Land¬ 
heeres geschlagen und als das Meer sie zerreißt, die Baumeister geköpft 
und das Meer gepeitscht und sinnbildlicher Weife in Fesseln gelegt, in¬ 
dem man Fesseln hineinwirft. Sieben Tage und sieben Nächte währt, 
nachdem die Brücken zum zweiten Male geschlagen sind, der Uebergang 
nach Thracien. Der König hatte vorher von einer Höhe bei Abydus
	        
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