200 Die Griechen vom Ansbruche des Kampfes mit den Persern
X.
Die Griechen vom Ausbruche des Kampfes mit den Persern
bis zum Ausbruche des peloponnesischeu Krieges.
1. Als Aristagoras in Sparta durch Vermittlung des Kleomenes
Hülfe für die aufgestandenen Ionier zu gewinnen suchte, zeigte sich
keine Spur des Bewußtseins einer alle Griechen umfassenden nationalen
Einheit, die zu gemeinschaftlichem Auftreten gegen die Perser hätte be¬
wegen können. Günstiger fand er die Stimmung in Athen. Die
athenische Volksversammlung war leichter über Bedenken, welche
gegen das Unternehmen sprachen, zu täuschen und leichter durch die
Gründe, die dasselbe empfahlen, einzunehmen. Der Sinn des Volkes
war erregbarer, die Aufforderung zu einer Handlung des Edelmuthes
fand eher Anklang, die jüngst über Tyrannen und Oligarchen errunge¬
nen Siege hatten der Thatkraft Schwingen gegeben und in den gefähr¬
deten Ioniern erkannte man die nächsten Stammverwandten. Aber die
Ausrüstung von 20 Schiffen stand in keinem Verhältniß zu der Größe
des Unternehmens und Eretria, das sich den Milesiern für eine von
ihnen im Kampfe mit Chaléis erhaltene Hülfe dankbar zeigen wollte,
fügte deren nur fünf hinzu. Vielleicht dachte man diesseits und jenseits
des ägäischen Meeres an die Unterstützung, die man durch Aufstehen
asiatischer Völker gegen die Perser gewinnen würde. Dahin deutet
wenigstens, daß eine Schaar von Päouern, welche die Perser nach dem
scythischen Feldzuge aus den Gegenden am Strymon mitgebracht und
in Phrygien angesiedelt hatten, heimzukehren veranlaßt wurde. Auch
zeigt das Beispiel der Karer und Lycier, daß die Voraussetzung nicht
ganz unrichtig war. Aber die Lage der in Aufstand begriffenen Länder
war eine sehr ungünstige, da sie sich lang und schmal an den Küsten
hinzogen und ihre Macht sich nicht auf einem Punkte zusammenziehen
ließ, während die Perser die Städte leicht vereinzeln und der Reihe
nach unterwerfen konnten. Die Unternehmung gegen Sardes brachte
auch keinen Aufstand der Lyder zuwege. Dazu kam, daß es an innerer
Einheit fehlte. Die Ionier besaßen keine gemeinschaftliche Regierung,
wie sie einst Thales Angesichts der von den lydischcn Königen drohenden
Gefahr in Teos als der Mitte Joniens zu gründen gerathen hatte.
Der Mangel an Einigkeit ging so weit, daß man sich nicht einmal für
die Zeit der Gefahr einem Oberbefehl unterordnen wollte. Denn als
Milet schon von den Persern belagert wurde, vermochte der an die
Spitze der Flotte getretene Dionysius aus Phocäa die Mannschaft nicht
Behufs der nöthigen Uebung zusammenzuhalten. Man verachtete den