386 Die Römer während der Ausbildung ihrer Staatsverfassung
nach der Zahl der Tribus und Curien, dreißig waren, zu einem Mani-
pel verbunden wurden. Die Verabredung gleicher Beutetheilung knüpfte
das Band noch fester und führte zu Eroberungen, welche die Grenze
des Staates längs der Seeküste bis gegen die volskische Stadt Amur,
später Terracina genanut, vorschoben. Indem er so das Heer durch
Aussicht auf eiuträgliches Kriegsleben an sich fesselte, in demselben
auch einen beträchtlichen nicht römischen Bestandtheil hatte, fehlte es
seiner Herrschaft so wenig an Stütze, daß er zu Nom widerstrebende
Mitglieder des Senats an Freiheit und Leben strafen, schwere Kopf¬
steuern eintreiben und durch besoldete Leibwächter Gehorsam erzwingen
konnte. Als ein Mittel zur Befestigung neu erworbener Besitzungen und
zur Ableitung von Mißvergnügten diente ihm die Gründung der Pflanz-
städte Signia im latinischen und Circeji im volskischen Gebiete. Sie
waren die Vorläufer von Colonieen, durch welche Nom die latinische
Sprache über Italien verbreitete und die unterworfenen Völker allmä-
lig zu Römern umzubilden anfing. Förderlich war ihm bei seinen
Zwecken auch der Gleichmuth, in welchen er die große Masse durch
Belebung von Handel und Gewerbe und durch Ausführung großer Ar¬
beiten versetzte. Er unterhielt Handelsverbindungen mit Etruskern,
süditalischen Griechen und Carthagern. Die Bedeutsamkeit des dama¬
ligen römischen Staates leuchtet aus dem im ersten Jahre nach Tar-
quinius' Negierungszcit mit Carthago geschlossenen Vertrage hervor,
welchem die in der Zeit des Tarquinius gestalteten Verhältnisse zu
Grunde liegen müssen. In deinselben erhalten die Carthager gegen das
Versprechen, in dem latinischen Gebiete, das in der weiteren Bedeu¬
tung des Namens gemeint ist, keine Eroberungen zu machen, oder wenn
sie deren machen, sie den Römern ohne Ersatz zu übergeben, und das
zweite Versprechen, nach dem ihnen gehörigen Theile Siciliens die
Römer unbeschränkt handeln zu lassen, die Zusicherung, daß die Römer
keine Schiffe ostwärts über das hermäische Vorgebirge hinaussenden,
also dem Handel inr östlichen Becken des Mittelmeeres fern bleiben
sollen. Mit diesem Vertrage wurde zugleich den Etruskern, falls sie,
die im Besitze der Gegenden am Liris waren, sich an der latinischen
Küste ausbreiten wollten, ein Damm entgegengesetzt und es ergibt sich
daraus, wie die Carthager in Handelseifersucht mit Hülfe der Römer
die Etrusker zu beschränken geneigt waren. In Rom wurde außerdem,
daß die Cloaken ihre Vollendung, der Circus Verschönerung erhielt,
der kapitolinische Hügel aus dem Ertrage der bei der Eroberung der
volskischen Stadt Suessa Pometia gemachten Beute mit Tempeln ge¬
schmückt, wodurch hier der religiöse Mittelpunkt des Staates geschaffen
wurde. Da sich das römische Religionswesen auf den von Numa ge¬
schaffenen Grundlagen hauptsächlich nach dem Muster der aus Himmels-