34 Gang und Gliederung der vorchristlichen Geschichte.
sche und arabische Stämme auf der Bühne. Wo aber jener Kreis das
Mittelmeer berührt, wohnt auf schmalem Küstenfaume, von seinem Lande
nicht genährt und darum auf das Meer hiuausgewiesen, das Volk der
Phönicier, bestimmt, die Wege über das Meer zu bahnen und die Civi-
lisation gegen Westen zu tragen. Zwischen allen diesen Völkern wan¬
dernd und wohnend, von den meisten berührt, von mehreren unterjocht,
in keines ausgehend, alle überlebend und aller Andenken, indem es ihre
Geschichte in die Aufzeichnung der seinigen aufnimmt, mit erhaltend, hat
das Volk Gottes seine Stelle, der Träger ursprünglicher Offenbarung
und der Gegenstand stets sich erneuernder Verheißung, von Gottes un¬
mittelbar erziehender Hand die wunderbarsten Wege geleitet, ein Schiff,
das auf den Wogen des Irrthums geschaukelt, unwandelbare Wahrheit
birgt, in seinen Geschicken ein Bild von dem Leben des Menschen und
eines von dem Leben der Menschheit. Seine Geschichte ist in dem
ersten Abschnitte der heidnischen Geschichte, der im persischen Reiche seine
Vollendung findet, nicht beschlossen, sondern schließt in ihm nur, um in
jedein der späteren wieder von Neuem zu beginnen, bis das ganze Hei¬
denthum sich auögelebt hat und der Tag, der sich in Israels Geschichte,
wie in einer Morgcnröthe verkündet, angebrochen ist.
7. Neben der Geschichte dieser Staaten läuft als gleichzeitige her
die der Griechen, oder wie sie sich selbst nennen, der Hellenen. Wäh¬
rend die Geschichte der altasiatischen Völker Spuren des Zusammenhangs
mit der ursprünglichen Menschheit und die Ahnung dieses Zusammen¬
hanges bei den Völkern erkennt, sind für die Griechen die auf die
asiatische Heimath zurückführenden Spuren so verwischt und bei dem
Volke selbst die dorthin weisenden Ahnungen so erloschen, daß eine ge¬
schichtliche Anknüpfung an den Orient nicht möglich ist und nur die
Sprachforschung die Beziehung zwischen diesem nach Westen vorgerückten
Volke und seinen Stammverwandten herstellt. Mit den Griechen tritt
die Geschichte in den Kreis des Mittelmeeres und in ein Land der
Theilung und Sonderung hinein, wo die Natur durch die Grenzen, die
sie um das Land und in dem Lande gezogen, das Leben zu einer der
orientalischen Einförmigkeit entgegengesetzten Mannigfaltigkeit bestimmt
zu haben scheint und der Gegensatz des bewegten Meeres zu den weiten
Hoch- und Tiefebenen des Orients sich in dem Gegensätze zwischen der
rastlosen Wandelbarkeit des griechischen zu der Starrheit des orientali¬
schen Lebens fortsetzt. In einem ungemeinen Reichthum von Gebilden
verbreitet sich das Griechenthum aus dem Lande, daö den Namen des
Volkes trägt, nach allen Küsten der die drei Erdtheile des alten Conti-
nents trennenden Binnenmeere, die Fahrten und Gründungen der Phö¬
nicier kreuzend und störend, überall die nationalen Grundlagen des
Lebens erneuernd und mit der höchsten dem Heidenthum erreichbaren