Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

Die Israeliten. 
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also nicht eine ganze Gegend, wie eine glückliche Insel unter den Heiden 
die Erkenntniß und Anbetung Gottes bewahrt, sondern Abraham für 
seine Person ist der Auserwählte, und die nächsten Theilhaber des Se¬ 
gens dieser Erwählung sind die m(t ihm Ziehenden. Unter den mit 
ihm Ziehenden wird als Glied seiner Familie seines Bruders Sohn 
Lot ausgezeichnet, während sonst nur von seinen Knechten die Rede ist. 
Es bleibt daher im Dunkeln, ob sich dem Stammeshaupte auch Freie 
angeschlossen haben, die durch Einleben in die Ordnungen des Stammes 
sich mit demselben in geistiger Weise so sehr verknüpft, daß auch ihren 
Nachkommen das Stammeshaupt als Stammvater gegolten. Die Worte 
der heiligen Schrift begünstigen eine solche Annahme nicht, da sie bei 
Abraham, wie auch fernerhin, weniger eine Stammesgeschichte, als eine 
Familiengeschichte enthalten. Zu den Stammeshänptern der in Kanaan 
Einheimischen steht Abraham in friedlichem und freundlichem Verhältniß 
und genießt bei ihnen hohe Ehre. Ein Gleiches gilt von seinem Aufent¬ 
halt in Aegypten, wo er mit dem Pharao verkehrt. Einmal erscheint 
er kriegsgewaltig, indem er seinen Neffen Lot, den vier fremde Könige 
nach Ueberwindung der fünf Könige des Thales Siddim gefangen fortge- 
sührt haben, den Händen der Sieger entreißt. Das Thal Siddim ist 
die nachmals durch die Entstehung des todten Meeres nntergegangene 
Gegend, durch welche der Jordan strömte, um sich in die östliche Bucht 
des rothen Meeres zu ergießen. An der Spitze der feindlichen Könige 
steht Kedorlaoiner von Elam und unter den drei übrigen bestndet sich 
ein König von Siuear. Elam aber ist Persien jenseits des unteren 
Tigris und des Gyndes, und Sinear ist Babylonien. Diese Spuren 
scheinen in die Zeit zu weisen, wo vor Beginn der assyrischen Macht 
iranischer Einfluß das südwestliche Asien beherrschte, vielleicht dieselbe 
Zeit, auf welche sich die Nachricht von einer medischen Dynastie in 
Babylon bezieht. Der Zug, auf welchem Abraham die Sieger ver¬ 
folgte, ging in der Richtung von Damaskus und es scheint also ein 
Raub- und Beutezug gewesen zu sein, den die vier Könige unternommen 
hatten und zu dessen Zwecken es gehörte, die fünf Könige für ihren 
Abfall, worunter wahrscheinlich die Verweigerung von Tribut zu ver¬ 
stehen ist, zu züchtigen. Das Land dieser Könige fand danach, ohne daß 
Abrahams Flehen die Strafe abzuwenden vermochte, seinen Untergang 
wegen der Lasterhaftigkeit seiner Bewohner. Seitdem ist das ganze 
Thal des Jordans so tief eingesenkt, daß es tiefer als sein ehemaliges 
Mündungsgebiet liegt, und der Fluß endigt seinen Lauf in den stillen 
Gewässern des asphaltreichen See's, der das einstens fruchtbare Thal 
erfüllt. Im Lande Kanaan scheint der Götzendienst noch nicht zu unbe¬ 
schränkter Herrschaft gelangt zu sein, da nach dem Siege Abrahams 
über die vier Könige in Melchisedech, dem Könige von Salem, der 
Kiesel, Weltgeschichte. I. 0
	        
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