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weil starke Regengüsse folgten; nur ungefähr^ x/xo der einst ]u
herrlichen Stadt war erhalten. Jetzt waren auf einmal Napo-
leon's hochfliegende Pläne vernichtet. Auf dieser großen Brand¬
stätte konnte er nicht länger bleiben; daher bot er dem russi¬
schen Kaiser den Frieden an. Rußland aber wollte mit keinem
Feinde unterhandeln, der noch im Herzen seines Landes stand.*)
An Winterquartier konnte Napoleon auf dem Aschcnhausen Mos¬
kaus nicht denken, und an eine weitere Verfolgung des Feindes
eben so wenig; denn die Schlachtreihen der ergrimmten Russen
wuchsen, während die des französischen Heeres sich lichteten. Nach¬
dem er sich 34 Tage in Moskau ausgehalten hatte, — sein Heer
war bis auf i 00,000 Mann bereits zusammengeschmolzen — sah
er sich genöthiget, durch die zerstörten Gegenden seinen Rückzug
(d. 19. Oct.) anzutreten. Aus Rache hatte er den Kreml in
die Luft sprengen lassen.
Daß der Rückzug unabsehbare Gefabren bringen werde, war
vorauszusehen. Am 6. Nov. sielen die ersten Schneeflocken, und
der russische Winer trat in aller Strenge ein, schnell steigerte sich
die Kälte bis auf 18, später sogar bis ans 27 Grad. Schon
jetzt bezeichueten todte Menschen und Pferde die Rückzugsstraße
des Heeres. Unglaublich schnell stieg die Noth. Zu Hausen fielen
Menschen und Thiere und erstarrten in dem grimmigen, Mark
und Bein durchdringenden Frost. Dabei erfolgten unaufhörlich
und von allen Seiten Angriffe der Russen. Ganze Abtheilungen
des französischen Heeres, die, von Hunger getrieben, die näch¬
sten Dörfer besuchten, wurden von den umherschweisenden Kosaken
niedergemacht, lieber die gestürzten Pferde fielen die Soldaten
heißhungrig her, rissen ihnen das Fleisch von den Knochen und
verschlangen es; oftnials fand man die um die Wachtfeuer Liegen¬
den als starr gefrorene Leichen. Das Unglück läßt sich kaum be¬
schreiben; denn dieser Krieg hatte den Ruffen gegen 300,000, den
Franzosen dagegen 552,000 Mann gekostet. Von dem vortrefflich
ausgerüsteten Heere kamen kaum 30,000 Mann gesund und waf-
*) Zu jener Zeit befand sich der ausgezeichnete Minister Stein bei dem
Kaiser Alexander, und dessen Festigkeit brachte es dahin, daß der Friede
nicht zu Stande kam
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