Das Elend des unglücklichen Landes ans seinen höchsten Gipfel
zu treiben, kam jetzt noch die furchtbarste Plage hinzu. Ein ko-
nigliches Schiff war nämlich aus der Havanna mit einer reichen
Ladung von Piastern, Silberbarren ?c. im Hafen von Cadix an-
gekommen. Geldmangel und Habsucht wirkten in gleichem Maße,
die ordnungsmäßige Quarantäne abzukürzen, welche das Schiff
zu halten hatte, und der Erfolg war, daß durch die mit dem
schrecklichen gelben Fieber behaftetete Mannschaft die Seuche nach
Cadix und den andalusischen Küsten gebracht ward. Cordons
wurden gezogen, als der Tod in Cadix und den umliegenden Ge-
genden taglich schon mehr als hundert Opfer forderte. Oeffentli-
che Gebete und Prozessionen wurden angestellt, aber thatige Hilfe
und Unterstützung blieben aus. So stieg die Seuche stufenweis.
Bald war sie auf der Flotte und unter den Landtruppen; und
trotz der geschärftesten Vorsichtsmaßregeln desertirten die Solda-
ten haufenweise in's Innere des Landes, brachten die Pestseuche
mit dahin und verbreiteten Jammer und Elend, wohin sie kamen.
Dabei traf Ferdinand VII. noch vor Ablauf dieses unheil-
vollen Jahres (1818) das schmerzliche Geschick, daß er seine acht-
zehnjährige Gemahlin bei der Geburt einer Tochter verlor; das
Kind überlebte die Mutter nur wenige Minuten. Kaum einen
Monat nachher starb sein Vater, Carl IV.; seine Mutter folgte
ihrem Gemahle noch schneller. So hatte der Monarch in Zeit von
zwei Monaten Vater, Mutter, Gattin und Kind verloren. Auch
von seiner ersten Gemahlin hatte er keine Kinder. Völlig ungleich
waren einander seine beiden Brüder, Carlos und Francesco
de Paula. Während der Erste, in blinde Bigotterie versunken,
sich in Gesellschaft seines Beichtvaters wöchentlich mehrere Male
die Disciplin mit starken Geißelhieben gab, hielt Francesco im
Hofe des Palastes Stiergefechte, wobei er, umgeben von seinen
Kammerherren, die Rollen der Picadores und Matodores spielte,
ja, mit eigner Hand sehr kaltblütig einen wüthenden Stier erlegte;
und während der lebensfrohe Francesco zuweilen seinem königlichen
Bruder rieth, seines Volkes Wünschen nicht so hartnäckig zu wi-
verstehen, hielt der finstere Carlos nur der eisernen, willkürlichen
Gewalt und dem Mönchswesen fanatische Lobreden und bestürmte
den Bruder, um kein Haar von den angenommenen Regierung^
marimen abzuweichen. —