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ganzen Umgebungen einer Burg. Ob der Ritter Recht oder 
Unrecht habe, ob die Schuld auf seiner oder auf der Dame 
Seite sei, dies war die Frage, die allgemein untersucht und 
nach Verschiedenheit der Ansichten, bald so, bald so entschie¬ 
den wurde. Oft warfen auch die Troubadours in ihren Ge¬ 
dichten dergleichen Fragen auf, tensons genannt, und über¬ 
ließen sie der Entscheidung der Ritter und Frauen, z. B.: 
Was ist bitterer, der Tod oder die Untreue der 
Geliebten? Wer leidet mehr, ein Mann, den sei¬ 
ne Gattin, oder ein Liebender, den seine Her¬ 
zenskönigin verläßt? 
Dies waren nur allgemeine Fragen; zu einer Menge 
ganz besonderer gaben aber täglich die Verhältnisse der Lie¬ 
benden Veranlassung. Da nun Jedermann an der Unter¬ 
suchung und Entscheidung großen Antheil nahm, so kam 
man auf den erfreulichen Gedanken, besondere Spruchcolle- 
gien oder Liebesparlamente zu errichten, bei welchen Ritter 
und Damen zu Gericht saßen, alle Streitigkeiten mit zar¬ 
tem weiblichen und ritterlichen Sinne erwogen, und am 
Ende ihren Ausspruch in der Form eines Parlamentsschlusses 
ertheilten, weßwegen man auch solche Erkenntnisse Arrets 
d’amour nannte. Obgleich Alles nur Spiel und Ergötzlich- 
keit war, so wurde doch mit dem größten und lächerlichsten 
Ernst dabei verfahren. Die Grafen von Provence machten 
selbst die Präsidenten dabei; die Parteien aber unterwarfen 
sich mit ehrfurchtsvoller Folgsamkeit, und demnach blieben 
dergleichen Aussprüche nicht ohne Wirkung. 
In dem südlichen Frankreich waren vier ordentliche Lie- 
besparlamente dieser Art errichtet, nämlich zu Perrefeu, 
Aix, Romagny, Avignon. Ueber ihre Dauer laßt sich 
nichts Gewisses sagen; wahrscheinlich verschwanden sie mit 
den Troubadours in den Kriegen gegen die Albigenser und 
Waldenser. .
	        
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