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49. Die Minnesänger.
Auch Deutschland hatte seine Troubadours und sei¬
ne Trouveres, seine Lieder- und Romanzendichter, seine Rit¬
ter- und Heldenromane in Versen. Besonders in Schwa¬
ben, an den Höfen der damaligen Kaiser, der kunstliebenden
Hohenstaufen, ließen sich sehr liebliche Sänger hören; An¬
dere, die nicht in jenen Gegenden lebten, sangen doch in
schwäbischer Mundart; darum nennt man auch öfters die
Minnesänger überhaupt die schwäbischen Dichter. Meistens
waren es Ritter und Edelleute, die sich durch Liebe, Andacht,
Krieg zum Gesang begeistert fühlten. Aber auch viele arme
Minnesänger zogen wie die Troubadours an den Höfen der
Fürsten umher, und ließen sich mit ihren Liedern hören, de¬
ren vornehmster Gegenstand die Liebe, die holde Minne war,
deßwegen hießen sie Minnesänger. Die Franzosen wa¬
ren ihnen mit ihrem Beispiel vorausgegangen, sie hatten
den Ton angegeben, und die Deutschen hatten in der edeln
Poeterei viel von ihnen gelernt und entlehnt. Wie die fran¬
zösischen Troubadours, dichteten sie Lieder von sehr man-
nichfaltigem Versmaße, und meistens erfanden sie zugleich
die Melodien dazu. Meistens waren es die Kinder echter
innerer Begeisterung. Nicht nur Ritter, sondern auch Für¬
sten und Könige erholten sich von ihren Waffenthaten mit
Dichten und Gesang, horchten gern den Liedern anderer
Sänger und zogen sie auf ihre Burgen und an ihren Hof.
Die Eifersucht der Dichter um die Gunst und die Gaben
der Fürsten entflammte sie zu einem edeln Wetteifer; Einer
suchte den Andern zu übertreffen, zu verdunkeln, und so
entstanden Wettstreite, die den ganzen Hof belebten und
beschäftigten. Vorzüglich waren die Höfe Kaiser Friedrichs
II., des Herzogs Leopold IV. von Oestreich, und des
Landgrafen Hermann von Thüringen die Sammelplätze