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Die Bewohner des Königreichs Valencia zeichnen sich durch
ihre Betriebsamkeit und Thätigkeit aus, wie denn auch durch ihren
unermüdlichen Fleiß im Anbau des Bodens Valencia die frucht¬
barste Landschaft in Spanien geworden ist. Der Boden bringt
Oliven, Südfrüchte, Granatäpfel, Datteln, Zuckerrohr, herrlichen
Wein, Aloe, kostbare Harze, Flachs, Hanf und Getreide im Ueber-
fluß hervor. Beschäftigungen der Bewohner sind, außer Acker-,
Wein- und Südfruchtbau, Seiden- unv Tuchweberei, Seifensiederei,
Branntweinbrennerei, Fabrikation in Fayence und Papier, See¬
salzbereitung, Fischerei und Seehandel, besonders mit Wein, Ro¬
sinen und Salz. Den Binnenverkehr befördert die Eisenbahn zwi¬
schen Valencia und Alicante.
Zu den vornehmsten Oertern der Landschaft gehört namentlich
Valencia, die Hauptstadt des Königreichs am Guadalaviar, mit
einer besuchten Universität (2000 Studenten) und 70,000 Einw.
Sie liegt in einer üppigen, paradiesischen Gegend und hat eine
schöne »Alameda«, d. i. ein mit Baumreihen bepflanzter Spazier¬
gang. Solche Alameda's giebt es bei allen größern spanischen
Orten. Auf ihnen herrscht an den frischen Abenden reges Leben
der Bewohner. Da klingt das Getön der im Süden einheimischen
Instrumente, der Guitarre und der Castagnetten, da kann man
auch wohl den Nationaltanz, den »Fandango«, unter reger Theil¬
nahme der Zuschauer tanzen sehn. In der hiesigen Kathedrale
besindet sich ein Hochaltar von 540 Kubikfuß massiven Silbers.
Berühmt sind Valencias Seiden- und Sammetfabriken, die 20,000
Arbeiter beschäftigen. Außerdem bereitet man -auch viele wollene,
baumwollene und leinene Stoffe und gutes Leder. Papier wird
von nicht weniger als 50 Mühlen gefertigt. Außer der Kathe¬
drale besitzt Valencia noch 13 Pfarr- und 59 andere Kirchen.
Buchdruckereien sind in Menge vorhanden. Aeußerst beträchtlich
ist der hiesige Buchhandel. Ueberhaupt zeichnet sich Valencia durch
Schönheit, Reinlichkeit, Gewerbfleiß und Handel vor allen übrigen
spanischen Städten aus. Sie ist von starken Mauern und tiefen
Gräben umgeben, hat eine Citadelle und ist durch und durch mauri-
ffchen Charakters. Die lebhaften, heiteren Bewohner haben auf
dem See Albufera zweimal jährlich freie Jagd und Fischerei.
Dieser Umstand wird zu den größten Volksfesten gerechnet. Unter
den Plätzen zeichnet sich der mit Marmorsäulen, Orangen- und
Citronenbäumen geschmückte »St. Domingoplatz« aus. Der eigent¬
liche Seehandel wird über den nahen Hafenort Grao, wohin
eine Allee von Orangen-, Granat- und Palmbäumen führt, be¬
trieben. Wegen ihrer Anmuth und Lieblichkeit hat Valencia den
Beinamen »Formosa«, d. i. die Schöne, erhalten. Man genießt
hier einen steten Frühling. Von den Reliquien der mit einem
achteckigen Thurme gezierten, bereits oben erwähnten Kathedrale
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