§. 55. Judäa.
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das Königreich Parteien, das, gegründet von Ar säe es, der vom sy¬
rischen Reich abfiel, sich unter deficn Nachfolgern, den Arsacidcn, vom
2. Jahrh. v. CH. an zu einem Weltreich gestaltete;
das Königreich Baktrien, das unter D io tot I vom syrischen Reiche ab¬
fiel und späterhin parihisch wurde;
das Königreich Atropatöne, ein Theil vom alten Medien, worin allein
die rein persische Herrschaft blieb und das Magicrthum stets dem Hellenis¬
mus widerstrebte.
In allen jenen größeren und diesen kleineren Reichen des
Morgenlandes fand sich mit griechischer Herrschaft auch griechische
Bildung ein, die einerseits, vorzüglich in Ägypten, einen hohen
Grad erreichte, anderseits aber durch ihre Verbindung mit der
orientalischen Sinnlichkeit auch einen rasch zunehmenden sittlichen
Verfall in allen diesen Staaten zur Folge hatte und dadurch den
Beweis gab, daß Civilisatioil allein noch keine Ge¬
währ dauernden Glückes biete. Selbst die Juden, die
seit der Wiederherstellung ihres Tempelstaates fester als je zuvor
an ihrem Gesetz und ihrer Verfassung hielten, blieben vom Ein¬
flüsse griechischen Geistes nicht unberührt.
Nichts desto weniger wurde in diesem kleinen, von der großen
Welt wenig beachteten Judäa auf's Neue eine Stätte jenem ewi¬
gen Worte bereitet, das in der Fülle der Zeit der streiten¬
den Welt den Frieden und ihrem todtwunden Gewissen Leben und
Heil bringen sollte.
Der Tempel staat Judäa war nämlich in dem Streite
zwischen den Stiftern des syrischen und ägyptischen Reiches zuerst
an Ägypten gefallen, aber bald wegen seiner Lage inmitten beider
Reiche sammt seinen nördlichen Ncbcnländern ein steter Gegen¬
stand des Streites zwischen den Ptolemäern und Se-
leucidcn geworden. Doch blieben die Juden unter beiderlei
Oberherren lange in ihrer Religion und Verfassung ungekränkt,
und der Hohepriester mit dem hohen Rathe (Synedrium)
von 70, Beisitzern regierte alle innern Angelegenheiten.
In der ersten Sclcucidcnzcit lebte von 300—291 v. CH. der Hohepriester
Simon der Gerechte, ein Muster der Frömmigkeit und Vaterlandsliebe,
unterdessen Vorsitz die große Synagoge (verschieden von dem Syne¬
drium), eine Versammlung frommer und gelehrter Männer, für die Erhal
tung und Bewahrung der heil. Schriften Alten Bundes be-