am Vorabend der neueren Zeit. 
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Rußland wagen konnte, so „folgte es der preußischen Politik, wie 
Preußen der russischen folgte", die nun einmal Polen wollte. 
Auf den Grund alter Ansprüche brachte man 
1772 die (erste) Theilung Polens in Vorschlag, und Österreich nahm 
den dargebotenen Vortheil an. Die drei Mächte besetzten den drit¬ 
ten Theil Polens in der Art, daß Österreich davon Ostgalizien 
und Lodomirien, Preußen Westpreußen und den polni¬ 
schen Netzdistrict, Rußland endlich (gegen die Herausgabe der 
Moldau und Walachei) das Land bis an die Düna und den 
Dnjepr sich zueignete. Damit aber die Form des Rechts nicht 
fehle, so wurde der polnische Reichstag gezwungen, seine Ein¬ 
willigung dazu zu geben! 
Polen war seit Jahrhunderten stets in Parteien zersplittert, die 
ihre Stützen nicht in sich, sondern stets im Ausland suchten; die kleine 
vaterländische Partei konnte nie die Oberhand gewinnen. Da Polen meist 
ein Werkzeug in den Händen der französischen Politik war , wiewohl 
dieselbe es stets im Stiche ließ, heischte cs der Vortheil der nordi¬ 
schen Mächte, die Franzosen dort nicht aufkommen zu lassen, so wie es Poli¬ 
tik Schwedens, Preußens und Österreichs war, Polen keine Beute Rußlands 
werden zu lassen. Die stete Anarchie in Polen schien daher gleichsam 
von selbst zur Theilung aufzufordern, die freilich darum in sittlicher Hinsicht 
nichts desto weniger ein Unrecht bleibt. Maria Theresia allein fühlte die 
Sünde der damaligen Cabi netspolitik und Unterzeichnete den Thet- 
lungsvertrag nur mit Widerstreben, indem sie dabei die weissagenden 
Worte sprach: „Wenn ich schon längst todt bin, wird man erfahren, waS 
aus dieser Verletzung an Allem, was bisher heilig und ge¬ 
recht war, hervorgehen wird!" — (Die Russen bekamen übrigens, 
wie schon Malte Brun bemerkt, dadurch nur dieselben Provinzen wieder, 
die einst ihnen gehört und ihnen von den Polen mit dem Schwert 
ab genommen worden waren, wie denn dort die polnische Nationalität 
nur ein D rittheil der Bevölkerung (bestehend auö dem Adel und ei¬ 
nem Theile der Städtcbewohner) ausmacht. 
Das übrige Polen blieb durch die bedrückende Willkür 
seines Adels, so wie überhaupt durch seine schlechte Ver¬ 
fassung stets in abhängiger Stellung und einer spätem weitern 
Zerstückelung Vorbehalten. — Im fortgesetzten Kriege Rußlands 
mit der Türkei errang ersteres 1792 im Frieden zu Jassy die 
freie Schifffahrt auf allen türkischen Meeren, wie 
denn überhaupt Katharina II, unterstützt von ihrem Günstling
	        
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