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als Wittwensitze reicher Familien gestiftet. In
. dem Volk war noch viel heidnischen Aberglau¬
bens, nur mit christlichem Namen; noch immer
waren Leute, die sich mit Wind- und Werrer-
machen adgabcn, die, wie vormals ans den Ru¬
nen, so jetzt durch Aufschlagen der Bibel pro-
phczeieren, bei Felsen und Quellen Opfer brach¬
ten, und sich unter dem Schutz eines Heiligen,
wie ebmals eines Götzen, verbanden.
Will ein Regent in solcher Zeit das Zepter
sicher führen, so muß er über die beschränktcu
Ansichten seiner Zeitgenossen erhaben und im Kla¬
ren über die Natur des Menschen sein, die sich
so in die Fesseln des Aberglaubens schlagen läßt,
daß eine freiere Regung des Geistes unmöglich
wird. Ludwig der Fromme, der das Reich
des Vaters erbte, war ein befangener Andächt¬
ler; kein Wunder, wenn er, statt Andere zu
beherrschen, sich von der Geistlichkeit schmählich
gängeln ließ. Wie sein Geist ohne Klarheit war,
so harke auch sein Charakter keine Entschieden¬
heit; darnm ist sein Leben und Schicksal nur
das große Bild seines von Gefühlen unsicher
bewegten Inneren. * x
Die unglückliche Idee, die bereits Karl der
Große durch die Theiiung von 806 in's Leben
zu rufen versucht, hatte Ludwig ausgenommen
und theilte im I, das Reich so untör seine
drei Söhne, daß der älteste, Lothar, die Mit-
regenkschaft, der mittlere, Pipiu, Aquitanien
und der jüngste, Ludwig, Baiern bekam, Ita¬
lien aber bei Bernhardten, dem Sohne sei¬
nes (tm I. 810) verstorbenen Bruders Pipin
verblieb. Diese Idee wurde, einmal durchge¬
führt, die Klippe, an der das Lebensglück Lud-
wig's scheikerre. Schon im selben Jahr (817)
versuchte Bernhard, durch böse Rathgeber vers