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Karl der Große,
neuerten den Krieg. Eben so wenig gelang es alsbald, das Christen¬
thum unter ihnen einzusühren. Sie hielten fest an ihrem alten Gotte
Wodan, dem die Väter gedient, der ihnen Sieg verliehen und unter
dessen Schutze das Sachsen-Volk stark und mächtig 'geworden war.
Vor dem Christen-Gotte hatten sie einen Abscheu, gegen den Christen-
Namen einen tief gewurzelten Haß. Allerdings mußten sie sich dem
mächtigeren Fürsten fügen, wenn er wieder einmal im Kampfe obge¬
siegt hatte; sie mußten ihm Geiseln geben als Unterpfänder des Frie¬
dens, mußten die Annahme des Christenthums versprechen. Viele ließen
sich taufen, andere wurden dazu gezwungen. Einmal ließ Karl Tau¬
sende der Sachsen in die Aller treiben und die Taus-Formel dazu
sprechen. Als Getaufte kamen sie nun zwar aus dem Flusse heraus,
aber nicht als Christen. Vielmehr erbitterte solch gewaltsames Ver¬
fahren noch mehr gegen den König. Jede günstige Gelegenheit ward
von den Sachsen benutzt, ihm zu schaden. Im Jahre 782, als er sich
ihrer Ergebenheit sicher wähnte, ergriffen sie, von Wittekind ange¬
führt, wiederum die Waffen gegen ihn. Von Zorn entbrannt kam er
selbst mit einem großen Heere in ihr Land und verlangte die Aus¬
lieferung der Treulosen. Wittekind war entflohen. Im ersten Schreck
lieferte das Volk die Schuldigen aus. Es waren ihrer 4300. Karl
ließ sie alle an Einem Tage an der Aller enthaupten. Durch diese
Grausamkeit empört, vereinigten sich aufs Neue die Sachsen, um blu¬
tige Rache zu nehmen. „Heiliger großer Wodan", so beteten sie zu
ihrem Gott, „hilf uns und unserm Führer Wittekind sammt den Un¬
terfeldherrn gegen den abscheulichen Karl, den Menschenschlächter. Ich
gebe dir einen Auerochsen und zwei Schafe und die Beute. Ich schlachte
dir alle Gefangenen auf deinem heiligen Harzberge." Blutige Schlach¬
ten wurden geliefert. Der Sieg schwankte lange. Für den König
gingen dann erst neue Hoffnungen auf, als Wittekind und Albion im
Jahre 785 sich taufen ließen und viele Sachsen dem Beispiele ihrer
Heerführer folgten. Demungeachtet währte jedoch der Sachsenkrieg noch
lange fort und erst im Jahre 803 wurde er völlig beendigt, nachdem
er sich durch 30 Jahre hingezogen hatte. Kein anderes deutsches Volk
hat so lange und mit solcher Ausdauer für seine ererbte Freiheit und
für seine alten Götter gestritten, als die Sachsen, aber nachdem sie ein¬
mal das Christenthum angenommen hatten, waren sie um so treuere
Anhänger desselben, denn die Religion war ihnen Herzenssache.
§ 76. Während des Sachsenkrieges hatte Karl auch andere be¬
nachbarte Völker in ihren Schranken zu halten, so daß er das Schwert
nie aus der Hand legen durfte. Ganz im Norden, im heutigen Dä¬
nemark und Norwegen, wohnten die Normannen, ein ungezügeltes