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mals empört hätten. Er eilte zurück. Als er in Moskau ankam,
war durch einen tapferen General der Aufruhr gedämpft. Nun
hatte er nichts eifriger zu thun, als seine Pläne zur Bildung seines
Volkes in Ausführung zu bringen. Er ließ nicht nur Bücher aus
fremden Sprachen ins Russische übersetzen und Schulen anlegen,
sondern erklärte auch diejenigen, welche nicht lesen und schreiben
könnten, des väterlichen Erbes für verlustig. Er führte den Ge¬
brauch des Schreibpapiers in Rußland ein, und schaffte eine
Buchdruckerei von Holland nach Moskau. Im Jahre 1703 legte
er den ersten Grund zu einer neuen Stadt, die nach seinem Namen
Petersburg heißt. Um den Bau schnell zu betreiben, wurden
Tausende von Bauern, zum Theil ans einer Entfernung von 2—300
Meilen nach der Newa znsammengetrieben. Die Armen fanden
hier weder Obdach, noch Lebensmittel, noch Handwerkszeug. Aber
es arbeiteten täglich 20,000 Menschen, und das Werk ging zusehends
von Statten. Die ersten Gebäude waren elende hölzerne Hütten,
auch fehlte es an Einwohnern. Bald ließen sich jedoch hier viele
Liefländer und andere nieder, die int Kriege ihre Häuser ver¬
loren hatten, auch Matrosen und Schiffbauer, weil Peter in der
Nähe große Schiffswerften anlegte. Auch errichtete er eine
Apotheke, eine Sternwarte und eine Akademie der Wissenschaften
daselbst und schaffte die sklavische Sitte, vor dem Czar niederzufallen,
ab, verbot die Glücksspiele, stiftete Hospitäler, Waisen- und Arbeits¬
häuser, führte Brief- und Reiseposten ein, verbesserte das Maß- und
Münzwesen, beförderte den Handel und brachte durch Berufung aus¬
ländischer Handwerker und Künstler die Gewerbe in Aufnahme.
Das alles war die Frucht seiner Reisen, daß er alles im Aus¬
lande mit empfänglichem Sinne für das Gute und Nützliche mit
eigenen Augen gesehen und, wo er nur immer konnte, selbst mit
Hand anlegte. Jetzt sah er erst, wie weit sein Volk noch gegen
das Ausland zurück war; jetzt wußte er aber auch, was er thun
und wie er es angreifen müsse, um den Grund zu seiner Bildüng
zu legen. Und wenn es ihm auch nicht gelang, alles so herzustellen,
wie es vor seiner Seele stand, vorzüglich da er die längste Zeit
seiner segensreichen Regierung mit auswärtigen Feinden Krieg zu
führen hatte, so hat er doch den Ruhm für sich, eben dadurch, daß
er sich nicht schämte, ttoch als Mann und Kaiser Lehrling zu sein,
seinem Volke für alle Folgezeit unendlich viel genützt zu haben. —
Er starb den 25. Januar 1725.
Karl XII., König von Schweden.*)
Karl XII. erblickte das LichUder Welt am 27. Juni 1682. Er
war ein Urenkel der Schwester Gustav Adolpb's. Als sein Vater,
*) Wat) Schilling, Nösselt und A.