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Die Person Friedrichs VI. Mit dem Burggrafen Friedrich VI.
tritt uns eine echte Hohenzollernnatnr vor Augen. Er war ein statt¬
licher Maun; seiu blondes Haar siel in Locken auf die kräftigen
Schulteru hinab. Zu dieser körperlichen Schönheit kamen aber auch
große Vorzüge des Geistes. Keiner übertraf ihn an Mut und
Tapferkeit. Man will 30 Kriegszüge zählen, an denen er ruhm¬
voll teilgeuommeu hat. Er besaß einen klaren Verstand und ein
scharfes, rasches Urteil. Auch zeichnete er sich durch gründ¬
liche Bildung aus; außer der deutscheu verstand er die lateinische,
französische und italienische Sprache. Auf den Reichstagen hörten alle
auf feine Stimme. Sein Wohlwollen und feine Leutseligkeit
machten ihu besonders bei dem gewöhnlichen Volke beliebt, betrachtete
er sich doch als „den schlichten Amtmann Gottes in dem Fürsten¬
tums. Wie schon sein Wahlfprnch zeigt, zierte ihn auch echt
christliche Frömmigkeit. Dieser seltene Mann schien wohl ge¬
eignet, dem verwilderten Lande Brandenburg wieder aufzuhelfen.
Friedrich als Statthalter. Friedrich hatte sich um Kaiser und
Reich viele und große Verdienste erworben. Kaiser Sigismund hatte
ihm die Wahl zum deutschen Kaiser zu verdanken *) und hielt sich nun
verpflichtet, in würdiger Weife seine Dankesschuld abzutragen. Darum
belohnte er ihn am 8. Juli 1411 mit der Statthalterschaft in
Brandenburg in der Hoffnung, „daß er mit seiner Arbeit, Mühe
nnd Macht und mit Gottes Hilfe die Mark aus solchem kriegerischen
und verderblichen Zustande, worin sie lange Zeit gewesen, befreien
möge." Auch versprach er ihm die Summe vou 100000 „guten
roten ungarischen Guldeu" als Entschädigung für die znr Hebung der
Mark aufgewandten Auslagen, wenn Sigismund oder einer feiner
Erben Brandenburg wieder an sich nehmen würde.
Bei der erblichen Belehnung auf dem Konzile zu Konstanz erhöhte der Kaiser
diese Summe um fast das Dreifache — beinahe 3 Millionen Mark.
Im Jahre 1412 erschien Friedrich I. in der Mark, um sein Land
in Besitz zn nehmen. Aber wie sah es hier aus! Brandenburg um¬
faßte nur noch etwa die Hälfte des askanifchen Besitzes. Es herrschte
die schrecklichste Verwirrung im Lande. Die Städte schützten sich mit
Not gegen die räuberischen Überfälle. Der wandernde Kaufmann und
der Landmann waren hingegen den Raubscharen vollständig preis¬
gegeben. Diese überfielen und plünderten die Reisenden, trieben dem
Landmanne die Viehherden fort uud steckten wohl gar seine Wohnung
in Brand. Friedrich mußte uud wollte hier Wandel schaffen. Freudig
*) Wenzel, der Sohn Karls IV., wnrdc 1400 als Unwürdiger und Unfähiger
des deutschen Thrones verlustig erklärt und an seiner Stelle Ruprecht von der
Pfalz zum Könige gewählt. Als dieser 1410 starb, standen sich drei Parteien
gegenüber. Die eine hielt noch immer an Wenzel fest, die andere wünschte sogar
den schon genannten Jobst von Mähren, die dritte war für König Sigismund
von Ungarn. Burggraf Friedrich VI. setzte die Wahl Sigismunds zum Kaiser
durch. Als Jobst bald daraus starb, brachte Friedrich auch einen friedlichen
Ausgleich zwischen Sigismund und Wenzel zu stände.
2) Zur Mark Brandenburg gehörten: Altmark, Priegnitzmark, ein Teil der
Uckermark und die Mittelmark mit dem Havellande, dem Lande Teltow, Barnim,
Lebus, Zauche und Sternberg.