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sonst noch nochwendig war, so daß nichts mangelte, und sie hatte einen
tapferen und kühnen Ritter als Befehlshaber eingesetzt, einen guten Edel¬
mann aus dem bretagnischen Lande, welcher sich Herr Wilhelm Cadoudal
nannte. Auch hatte die Gräfin starke Besatzungen in alle anderen Städte *
und Schlösser gelegt, die ihr unterthan waren, und allenthalben wackere
Anführer, Edelleute des Landes, bestellt, welche ihr gehorsam waren, und
die sie durch ihr schönes Zureden, Versprechungen und Geschenke gewonnen
hatte, denn sie wollte in dieser Sache nichts sparen.
Herr Karl von Blois und die oben genannten Herren blieben lange
vor der Stadt Rennes und thaten ihr großen Schaden, weshalb die Bür¬
ger sich gerne dazu verstanden hätten, die Stadt zu übergeben, wenn Herr
Wilhelm von Cadoudal es hätte zugebeu wollen. Als sie endlich genug
gelitten hatten und nirgends Hülfe wußten, bemächtigten sie sich des Herrn
von Cadoudal und legten ihn in's Gefängniß. Nachher kamen sie mit
Herrn Karl von Blois überein, ihm die Stadt des anderen Tages zu
übergeben, unter der Bedingung, daß Alle, die zu der Partei der Gräfin
Montfort gehörten, frei und in Sicherheit gehen dürften, wohin sie wollten.
Herr Blois bewilligte dies. So ward die Stadt Rennes übergeben im
Jahre des Herrn 1342 im Anfang Mai. Herr von Cadoudal aber wollte
in keine Gemeinschaft mit dem Grafen von Blois treten; er ging nach
Hennebont, wo die Gräfin Montsort war, welche sich sehr betrübte, als
sie von diesen Vorgängen Kunde erhielt.
Nachdem die Stadt Rennes übergeben war, wie Ihr so eben gehört
habt, und die Bürger der Stadt und Umgegend dem Herrn Karl von
Blois gehuldigt hatten, hielt dieser Rath, was er nun zunächst mit seinem
Heere unternehmen sollte, um desto eher den Rest des Herzogthums zu
erobern. Der Rath siel dahin aus, daß er sich gegen Hennebont wenden
sollte, wo die Gräfin war; „denn wenn er die Stadt und Festung, die
Gräfin und ihren Sohn in seine Gewalt bekommen könnte, so wäre der
Krieg geendigt." Also geschah es. Sie zogen vor Hennebont und bela¬
gerten Stadt und Schloß rings umher, so gut sie konnten. Die Gräfin
aber war gut vorgesehen mit guten Rittern und Waffenleuten, so daß sie
sich ihrerseits vorsetzte, Stadt und Schloß auf's Aeußerste zu vertheidigen.
Als die Gräfin und ihre Ritter hörten, daß die Franzosen kämen,
sie zu belagern, und daß sie nahe wären, gaben sie Befehl, daß die Sturm¬
glocke geläutet werde und daß ein Jeder sich bewaffnen und zur Vertheidi-
gung stellen solle, wie es befohlen war. So geschah es ohne Widerspruch.
Als Herr von Blois mit dem übrigen Heere sich der Stadt näherte und
sie so wohl befestigt fand, ließ er die Leute ein Lager aufschlagen.
Den anderen Tag hielten die Herren Berathung, wie sie die festen
Barrieren stürmen sollten, um die Haltung derer, die drinnen waren, zu
beobachten und zu sehen, ob sich nichts damit gewinnen ließe. Mit Be¬
ginn des Tages stürmten sie die Barrieren; die Belagerten aber machten
einen Ausfall und vertheidigten sich so tapfer, daß der Sturm dauerte bis