Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

68. Bernhard von Clairvaux und der zweite Krenzzug. 325 
zu Speier, bei welcher er mit dem Könige zusammentraf, um ihm nach 
der Messe nochmals die Theilnahme am Kreuzzuge in eindringlichen 
Worten ans Herz zu legen. Er sprach von den großen Wohlthaten, 
die Gott dem Könige erwiesen, er solle nicht undankbar für dieselben 
sein, sonst werde dereinst am jüngsten Tage Rechenschaft von ihm ge¬ 
fordert werden. Alle waren tief erschüttert; der König selbst, zu Thrä- 
nen gerührt, rief aus: „Ja, ich erkenne den Willen und die Gnade 
Gottes, und ich will nicht länger undankbar sein. Ich bin bereit, ihm 
zu dienen, weil er mich selbst dazu ermahnt." Demüthig empfing er 
am Altäre aus Bernhardts Händen das Kreuz und das Banner des 
heiligen Krieges. 
Im Frühling des Jahres 1147 brach Konrad mit einem zahlreichen 
Heere von Deutschland auf und nahm seinen Weg durch Ungarn. Auf 
demselben Wege folgte ihm Ludwig im Juni von Metz aus nach, und 
beide Heere kamen glücklich nach Constantinopel. Der damalige Kaiser 
Manuel I., obgleich mit Konrad nahe verwandt, indem er mit der 
Schwester von Konrad's Gemahlin vermählt war, wurde doch von 
Mißtrauen ergriffen, als das 90,000 Mann starke deutsche Heer vor 
Constantinopel rückte, und erst nachdem er sich hatte den Friedenseid 
schwören lassen, gab er Schiffe zur Ueberfahrt über die Donau. Den¬ 
noch kam es bald zu blutigen Streitigkeiten mit den Griechen, und 
Konrad war froh, als er endlich Asien erreicht hatte. Er nahm jetzt, 
sei es durch seine Kühnheit oder durch treulose Rathschläge der Grie¬ 
chen verleitet, den kürzern aber gefahrvollen Weg durch das Gebiet des 
Sultans von Jkonium. Sie kamen durch die öden Gegenden Phry- 
giens, und mit jedem Tage wuchs ihre Noth. Die Städte, bei denen 
sie vorüberkamen, verschlossen ihre Thore, verweigerten ihnen oft die 
Lebensmittel, oder vergifteten sie mit Kalk. Viele starben vor Hunger 
oder verschmachteten vor Durst. Plötzlich sahen sie sich inmitten einer 
wüsten Ebene von ihren treulosen Führern gänzlich verlassen, und von 
allen Seiten schwärmten die Reiterschaaren der Saracencn herbei und 
griffen die Verschmachtenden an. Diese leisteten heldenmüthigen Wi¬ 
derstand, aber dennoch erlitten sie eine furchtbare Niederlage, und nur 
mit 7000 Mann gelang cs Konrad, nach Constantinopel zurückzukom¬ 
men, wo er jetzt von seinem Schwager aufs freundschaftlichste ausge¬ 
nommen und mit Geld und Geschenken überhäuft wurde. 
Zu derselben Zeit, wo Konrad's schönes Heer in Phrygien seinen 
Untergang fand, traf auch Ludwig mit 60,000 streitbaren Kriegern 
in Constantinopel ein, von wo er weiter nach Asien zog, nachdem er 
geschworen hatte, alle ehemals griechischen Orte, die er erobern würde, 
an den Kaiser zurückgeben zu wollen. In Asien erfuhr er das Schicksal 
des deutschen Heeres, dessen Reste sich mit ihm vereinigten. Er schlug 
den gefahrloseren Weg an der Seeküste ein, aber auch er mußte die 
Treulosigkeit der Griechen erfahren, welche die unglücklichen Kreuzfahrer 
in die Hände der Türken überlieferten und sie ausplünderten, so daß 
Viele lieber freiwillig sich in türkische Gefangenschaft begaben, um nur
	        
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