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IX. Die Griechen.
schlosseneu Reihen der Hellenen nichts ausrichten konnte. Während
dieser Waffenruhe söhnte sich Pharnabazus, um mit mehr Nachdruck
gegen die Spartaner kämpfen zu können, mit dem Tissaphernes aus.
Das konnte dem schlauen Dercyllidas nicht entgehen. Um daher zuvor
zu kommen, erösfnete er mit dem Frühjahre 396 v. Chr. wieder die
Feindseligkeiten gegen die beiden Satrapen. In Karten stieß er plötz¬
lich und unerwartet auf die vereinte feindliche Macht. Ein gewaltiger
Schrecken bemächtigte sich aller seiner Truppen und alle ergriffen die
Flucht, ehe Dercyllidas die nöthigen Befehle ertheilt hatte. Statt in¬
dessen die Griechen zu verfolgen, ließ man dem Dercyllidas Zeit, sein
Heer wieder zu sammeln. Nun wurde mit ihm ein neuer Waffenstill¬
stand auf uubestimmte Zeit verabredet. Beiderseits wollte man Befehle
von Susa und Sparta einholcn.
In Sparta war indessen der König Agis gestorben. Die Strei¬
tigkeiten, welche sich dort wegen der Thronfolge erhoben, wurden durch
Lysander und seine Partei zu Gunsten des Agesilaus, eines Bru¬
ders des Agis und Sohnes des Archidamus, entschieden. Diesem über¬
trugen die Spartaner die Leitung des Krieges in Klein-Asien. Noch
in demselben Sommer gelangte er, da die verlängerte Zeit des Ober¬
befehles für Dercyllidas abgelaufen war, mit einer Verstärkung von
8000 Kriegern unter Begleitung des Lysander und 30 anderer aus
altspartanischen Geschlechtern bei Ephesus an. Tissaphernes erschrak
und bot, um Zeit zu gewinnen, dem spartanischen Könige einen drei¬
monatlichen Waffenstillstand an, der ihm vom Könige gewährt wurde.
Nach Ablauf dieser Zeit ließ er nun dem Agesilaus die Wahl zwischen
einem freien Abzüge aus Asien oder einem offenen Kampfe mit seinen
Heerschaaren. Ohne Verzug ergriff der König diese Gelegenheit, sein
Waffenglück zu versuchen. Er brach mit seiner Mannschaft auf, nahm
in großen Eilmärschen seine Richtung nach Phrygien und bekam, ehe
sich der Satrap, der in Karien einen Angriff erwartete, versah, ganz
Phrygien in seine Gewalt. Durch diesen glücklichen Uebersall ermuthiget,
machte er, ohne sich um den nachfolgenden Feind zu bekümmern, noch
einen Einfall in die Satrapie des Pharnabazus und kehrte dann, als
er merkte, daß es ihm an Reiterei fehlte, unangefochten nach Ephesus
ins Winterquartier zurück. Die ungeheure Beute, welche er von seinem
Zuge mitgebracht hatte, bot dem unermüdet thätigen Agesilaus eine
reichliche Quelle dar, um die ihm fehlende Waffengattung zu bilden,
so wie überhaupt sich ein taugliches und völlig ergebenes Heer zu
schaffen.
Mit dem nächsten Frühjahre, 395 v. Ehr., machte sich der König
mit seinem wohlgerüsteten Heere auf und nahm seinen Marsch nach
Lydien. Erst am dritten Tage holte die persische Reiterei den König
ein, der geradezu den Weg nach Sardes eingeschlagen hatte. Es ent¬
spann sich ein Gefecht, welches nur so lange schwankte, bis die schwer
bewaffneten Hellenen mit eingelegter Lanze hervorbrachen und die feind¬
liche Reiterei in die Flucht trieben. Das ganze persische Lager mit