7. David.
23
fallen sein werde der furchtbaren Willkür jenes orientalischen Despo¬
tismus, der stets Leben und Ehre der Unterthanen seiner Lust und
Laune ungestraft opfern zu dürfen glaubte.
Als kriegerischer Held erhob David die Macht und den Glanz des
Reiches ungemein. ,Er besiegte die Jebusiter, Moabiter, Ammouiter,
Idumäer, Amalekiter, den König von Damaskus, und machte sie zins¬
bar, so daß er seine Grenzen bis zum Euphrat und bis zum rothen
Meere erweiterte. Diese Kriege konnten nicht mehr auf die alte Weise,
durch das Aufgebot einzelner Stämme oder auch der ganzen Nation in
Masse, geführt werden; sie erforderten ein stehendes Heer. Saul hatte
den ersten Grund dazu gelegt, der eigentliche Schöpfer desselben wurde
David. Auch erhielt das Reich jetzt erst eine Hauptstadt. Zur solchen
erkor David Jerusalem, welches er mit der Burg Zion den Jebusitern
abgenommen hatte. Er wollte damit nicht bloß einen Mittelpunkt für
die Herrschaft bilden, sondern auch für den Gottesdienst, da bis jetzt
die in den mosaischen Gesetzen so sehr cingeschärfte Einheit desselben
noch wenig oder gar nicht vorhanden gewesen war. Darum führte er
die heilige Bundeslade mit großer Feierlichkeit nach der neuen Haupt¬
stadt, und gab zugleich den Verhältnissen und Geschäften der Priester
und Leviten eine festere Einrichtung. Einen Theil der Leviten bestimmte
er zur Verherrlichung des Gottesdienstes mit Gesang und Tonspiel.
In dieser Doppelkunst ging er selbst mit seinem Beispiel voran, sie
bildet das dritte Element seiner Wirksamkeit. Allerdings gab es lange
vor David eine hebräische Dichtkunst, sie läßt sich bis auf die Zeiten
des Moses zurückführen, und ihre ersten Klänge sind gewiß noch viel
älter, aber zu ihrer Ausbildung und Entwicklung gehörten Fortschritte
in der geistigen Cultur, die bisher nur langsam und allmählich gemacht
waren, uns aber in David's Zeit wie eine nach langem Wachsthum
des Stammes schnell sich entfaltende Blüthe entgegeutretcn. Wie das
ganze höhere Leben des israelitischen Dolles auf strengem Monotheis¬
mus ruht, fast kein anderes geistiges Element in sich aufnimmt, so ste¬
hen auch die allermeisten Erzeugnisse seiner Poesie unter dem Einflüsse
dieser religiösen Richtung und sind ein großes Spiegelbild derselben.
Ein Feuerstrom der Begeisterung reißt die Dichter immer unmittelbar
zu dem Gott hin, der sich nicht als ein in der Natur lebendes und
mit ihr eins gewordenes Wesen, sondern wie der über die Natur als
über seine Schöpfung gebietende Herr offenbart. Die Sprache und
der Ausdruck haben einen Schwung, die Bilder eine Erhabenheit und
Kühnheit und in großartiger Gedrängtheit eine Anschaulichkeit, das ver¬
trauensvolle Gebet zu Gott, der Dank und Preis eine Inbrunst, die Klagen
eine Innigkeit, welche in der Poesie aller Völker und Zeiten unüber¬
troffen geblieben sind. Weil nun dieses Verhältniß des Geschöpfs zum
Schöpfer, zu dem es fleht, oder den es preis't, das vorherrschende ist,
mußte die hebräische Poesie ganz im Gefühl wurzeln, folglich ihrer in¬
neren Natur nach hauptsächlich eine lyrische sein. Hier nun war es,