Full text: Die Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

7. David. 
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fallen sein werde der furchtbaren Willkür jenes orientalischen Despo¬ 
tismus, der stets Leben und Ehre der Unterthanen seiner Lust und 
Laune ungestraft opfern zu dürfen glaubte. 
Als kriegerischer Held erhob David die Macht und den Glanz des 
Reiches ungemein. ,Er besiegte die Jebusiter, Moabiter, Ammouiter, 
Idumäer, Amalekiter, den König von Damaskus, und machte sie zins¬ 
bar, so daß er seine Grenzen bis zum Euphrat und bis zum rothen 
Meere erweiterte. Diese Kriege konnten nicht mehr auf die alte Weise, 
durch das Aufgebot einzelner Stämme oder auch der ganzen Nation in 
Masse, geführt werden; sie erforderten ein stehendes Heer. Saul hatte 
den ersten Grund dazu gelegt, der eigentliche Schöpfer desselben wurde 
David. Auch erhielt das Reich jetzt erst eine Hauptstadt. Zur solchen 
erkor David Jerusalem, welches er mit der Burg Zion den Jebusitern 
abgenommen hatte. Er wollte damit nicht bloß einen Mittelpunkt für 
die Herrschaft bilden, sondern auch für den Gottesdienst, da bis jetzt 
die in den mosaischen Gesetzen so sehr cingeschärfte Einheit desselben 
noch wenig oder gar nicht vorhanden gewesen war. Darum führte er 
die heilige Bundeslade mit großer Feierlichkeit nach der neuen Haupt¬ 
stadt, und gab zugleich den Verhältnissen und Geschäften der Priester 
und Leviten eine festere Einrichtung. Einen Theil der Leviten bestimmte 
er zur Verherrlichung des Gottesdienstes mit Gesang und Tonspiel. 
In dieser Doppelkunst ging er selbst mit seinem Beispiel voran, sie 
bildet das dritte Element seiner Wirksamkeit. Allerdings gab es lange 
vor David eine hebräische Dichtkunst, sie läßt sich bis auf die Zeiten 
des Moses zurückführen, und ihre ersten Klänge sind gewiß noch viel 
älter, aber zu ihrer Ausbildung und Entwicklung gehörten Fortschritte 
in der geistigen Cultur, die bisher nur langsam und allmählich gemacht 
waren, uns aber in David's Zeit wie eine nach langem Wachsthum 
des Stammes schnell sich entfaltende Blüthe entgegeutretcn. Wie das 
ganze höhere Leben des israelitischen Dolles auf strengem Monotheis¬ 
mus ruht, fast kein anderes geistiges Element in sich aufnimmt, so ste¬ 
hen auch die allermeisten Erzeugnisse seiner Poesie unter dem Einflüsse 
dieser religiösen Richtung und sind ein großes Spiegelbild derselben. 
Ein Feuerstrom der Begeisterung reißt die Dichter immer unmittelbar 
zu dem Gott hin, der sich nicht als ein in der Natur lebendes und 
mit ihr eins gewordenes Wesen, sondern wie der über die Natur als 
über seine Schöpfung gebietende Herr offenbart. Die Sprache und 
der Ausdruck haben einen Schwung, die Bilder eine Erhabenheit und 
Kühnheit und in großartiger Gedrängtheit eine Anschaulichkeit, das ver¬ 
trauensvolle Gebet zu Gott, der Dank und Preis eine Inbrunst, die Klagen 
eine Innigkeit, welche in der Poesie aller Völker und Zeiten unüber¬ 
troffen geblieben sind. Weil nun dieses Verhältniß des Geschöpfs zum 
Schöpfer, zu dem es fleht, oder den es preis't, das vorherrschende ist, 
mußte die hebräische Poesie ganz im Gefühl wurzeln, folglich ihrer in¬ 
neren Natur nach hauptsächlich eine lyrische sein. Hier nun war es,
	        
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