Full text: Die Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

153. Der zweite punische Krieg. 587 
und groß fast Jeder auf gänzlich verschiedene Weise, liegt namentlich 
auf Seiten der Römer, wo nicht, wie bei den Carthagern, eine Größe 
alle anderen neben sich in den Hintergrund drängt, in der Geschichte 
dieses Krieges vor uns. Welche Verschiedenheit zwischen dem Zauderer 
Fabius und dem kühnen Marcellus, dem feurigen Claudius Nero und 
dem bedächtigen Livins Salinator, und doch wie groß jeder! 
Auch die beiden kriegführenden Völker stehen in keinem Abschnitte 
ihrer Geschichte so groß da; und wenn einerseits die Vaterlandsliebe, 
die eiserne Consequenz, das Genie, der durch keinen Schlag, selbst nicht 
durch den Schlag von Cannä, zu beugende Muth der Römer, die po¬ 
litische Weisheit des Senats, der erleuchtete Sinn der Volksversamm¬ 
lung Bewunderung erheischt, so andererseits auch die Carthager durch 
die Kühnheit ihrer Pläne, die Raschheit und Kraft, mit welcher diese 
ausgeführt, die Consequenz und Standhaftigkeit, mit welcher sie verfolgt 
werden. Welcher Krieg des Alterthums bietet ferner einen solchen Reich¬ 
thum dar an Sceneu und Katastrophen, bewegend nicht minder Herz 
und Gemüth, als Kopf und Verstand? Von dem tragischen Untergänge 
Sagunts bis zu Hannibal's Flucht von Zama nach Adrumetum, welche 
Galerie interessanter, erschütternder Gemälde! Zu dem Allem kommt 
endlich der einzig in seiner Art dastehende, und bei einem Kampfe zwi- 
schen nur zwei und dabei so mächtigen Staaten überraschende Wechsel 
des Kriegsglücks. 
Nachdem Hannibal seinen Bruder Hasdrubal als Oberbefehlshaber 
in Spanien bestellt und für die Sicherheit Afrika's durch ein zahlrei¬ 
ches dorthin gesandtes Truppencorps gesorgt hatte, brach er im Früh- 
linge des Jahres 218, unter dem Confútate des Publius Cornelius 
Scipio und des Tiberius Sempronius Longus, von Neu-Carthago nach 
Italien auf. Er ging über den Ebro mit 90,000 Mann zu Fuß, 
12,000 zu Pferd und 37 Elephanten, einem auserlesenen, größtentheils 
aus afrikanischen, spanischen, balearischen, maurischen und numidischen 
Veteranen gebildeten Heere. Er unterwarf sich zuerst, nach einem äußerst 
blutigen Kampfe, nicht allein den ganzen Küstenstrich zwischen dem Ebro 
und den Pyrenäen, sondern auch einen Theil des Binnenlandes am 
Fuße der letztern, und ließ zur Behauptung dieser Gegend und der Ost¬ 
pyrenäenpässe den Hanno zurück. Den Durchzug durch Gallien öffnete 
er sich vermittelst Unterhandlungen und Geldes, und richtete seinen 
Marsch längs der gallischen Küste auf die Rhone zu, über welche er 
wider die anfgestandenen Gallier den Uebergang mit Gewalt sich er¬ 
zwang. Den römischen Cónsul Scipio, welcher zu derselben Zeit mit 
dem nach Spanien bestimmten consularischen Heere bei Massilia gelan¬ 
det war, und erst hier von dem Uebergange seines Gegners über die 
Pyrenäen Nachricht erhalten hatte, vermied Hannibal, nachdem von den 
Bojern Gesandte bei ihm eingetroffen waren und sich ihm als Wegwei¬ 
ser über die Alpen angeboten hatten, und wandte sich nördlich längs 
der Rhone über die Jsere nach dem Alpengebirge, welches er in 15 Ta¬ 
gen überstieg. Der Marsch, aufwärts wurde ihm weniger durch die
	        
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