186 Erster Abschn. Von der Reformakion biö auf den westphälischen Frieden.
und sodann gegen ihn als Ketzer verfahren. Dem Luther ließ der Kaiser
unter Ertheilung eines Geleites von 21 Tagen entbieten, daß er seine
Rückreise nehmen möge, die er auch am 26.' April antrat. Am 8. Mai
aber ward das berühmte Wormser Edict gegen ihn erlassen, in wel¬
chem er für einen Ketzer und in des Reiches Acht erklärt wurde. Nie¬
mand sollte seine Bücher behalten oder verkaufen, sondern dieselben sollten
aller Orten vertilgt und verbrannt werden. Auch sollte man suchen, sich
seiner Person zu bemächtigen und ihn so lange gefänglich halten, bis
Karl weiter verordnen werde, was mit ihm anzusangen sei. In Rom
entstand darob große Freude, auch in Deutschland waren viele, welche
die Sache hiermit beendigt glaubten; aber der Spanier Alfonsus schrieb
von Worins aus an einen Freund: „Ich sehe nicht das Ende dieses
Trauerspiels, sondern den Anfang; denn ich finde, daß die Gemüther der
Deutschen sehr gegen den päpstlichen Stuhl aufgebracht sind." Und er
hatte Recht! Noch während der Kaiser in Worms war, wurden Luther's
Schriften daselbst zwar öffentlich verbrannt, zugleich aber auch ohne Scheu
zum Verkaufe herum getragen.
Da der Kurfürst von Sachsen wol schon vor dem 8. Mai wußte,
daß in dem Edict zugleich jedem Fürsten, der Luther Hause, Hofe, speise
oder tränke, des Reiches Acht und Aberacht angedroht werden würde, so
ließ er ihn unterwegs durch vermummte Reiter, Johann von Berlepsch,
Burkard von Hund und ihre Knechte aufheben und aus die Wartburg
bringen. Dort blieb er zehn Monate lang im Verborgenen und begann
während dieser Zeit die Uebersetzung der Bibel, welche damals außer¬
ordentlich dazu beitrug, seiner Lehre Eingang zu verschaffen, zugleich aber
auch die Ausbildung der deutschen Schriftsprache ungemein befördert hat.
Während Luther auf der Wartburg saß, arbeiteten seine zahlreichen
Freunde eifrig fort an dem begonnenen Werke. Melau chthon, ein
sehr gelehrter und dabei frommer und sanfter Mann, der ebenfalls Lehrer
an der Wittenberger Hochschule war, faßte die Hauptsätze des evangelischen
Glaubens, aus der heiligen Schrift gezogen in einem Buche zusammen,
ließ dasselbe 1521 unter dem Titel toeos th6oIogicos drucken und beför¬
derte dadurch das Verständniß der Reformation gar sehr. Aus andere
Weise wirkte der unermüdliche und für die Befreiung der deutschen Nation
von jeglicher Knechtschaft hochbegeisterte Ritter Ulrich von Hutten.
Seine fromme Mutter mahnte ihn mit Thränen ab von dem gefährlichen
Unternehmen; er aber konnte nicht anders und ries: „Der Würfel ist '
gefallen; icki hab's gewagt!" Und nun sandte er Schriften an's Volk,