Full text: Die Geschichte der Deutschen

218 Erster Abschn. Von der Reformation bis auf den westphälischen Frieden. 
Matthias. — Anfang des dreißigjährigen Krieges. 
Der älteste Bruder des verstorbenen Kaisers, Matthias, der König 
von Ungarn und Böhmen und Erzherzog von Oestreich war, wurde den 
13. Juni 1612 zum Kaiser gewählt. Die katholischen Fürsten gaben 
ihm ihre Stimmen, weil sie hofften, er werde ihre Sache thätiger ver¬ 
fechten; die protestantischen aber rechneten auf seine Kränklichkeit, und 
meinten, wann es zum Tanze käme, würde er keine großen 
Sprünge machen, darum wählten auch sie ihn. Seine Krönung ward 
-den 24. Juni ebenfalls in Frankfurt vollzogen. Sämmtliche Kurfürsten, 
bis auf den von Brandenburg, hatten sich persönlich Lei derselben ein¬ 
gefunden, ebenso eine außerordentliche Menge von Fürsten, Reichsgrafen 
und Herren. Es schien, als wollte man für immer Abschied von einander 
nehmen. An Pracht und Aufwand war wol noch nie eine Kaiserwahl 
dieser gleich gewesen. Matthias selbst hatte ein Gefolge von dreitausend 
Personen und zweitausend Pferden, und die Anzahl seiner Kutschen, deren 
jede mit sechs Pferden bespannt war, belief sich auf hundert. Unter den 
Festlichkeiten zeichnete sich ein Ringelreunen aus, das vom Kaiser ver¬ 
anstaltet ward und bei welchem er sich selbst auf der Rennbahn einfand 
und mitrannte. Auch einem Ehrentanze wohnte er persönlich bei. Merk¬ 
würdig ist noch, daß Matthias auch seine Gemahlin Anna, eine Tochter 
des Erzherzogs Ferdinand von Tyrol, krönen ließ. 
Im folgenden Jahre 1613 ward ein Reichstag zu Regensburg ab¬ 
gehalten. Die protestantischen Stände brachten dort verschiedene Klagen 
gegen den Reichshofrath und das Kammergericht vor, namentlich daß die 
Richter und der Präsident des letztern blos aus Katholischen beständen, 
daß die evangelischen Bischöfe zu den geistlichen Sitzungen nicht zuge¬ 
lassen würden, daß man überhaupt die Stimmen der protestantischen 
Stände auf den Reichstagen zu wenig beachte: und da sie hierauf nicht 
eine ihnen angenehme Antwort erhielten, trennten sie sieh völlig von den 
katholischen und verließen am Ende gar Regensburg, bevor der Reichstag 
geschlossen war. Der Kaiser zeigte sich übrigens nicht so thätig, als man 
von ihm erwartet hatte, und da er selbst, wie auch seine beiden Brüder, 
Maximilian und Alb recht, kinderlos war, so drängten sie ihn so lange, 
bis er seinen Vetter, den eifrig katholischen Ferdinand von Steiermark 
und Kärnthen zu seinem Nachfolger annahm. Der ward auch zum künf¬ 
tigen Könige von Böhmen gekrönt, nachdem e.r vorher alle Freiheiten und
	        
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