Uebergang in das 18. Jahrhundert. 325
3. Alexander und Diogenes. Es ist ja Mode so, wenn man genug gespielt
Der mit der ganzen Welt sich um die Herræ Daß man ohn' Abschied sich aus der Ge
schaft schlug, sellschaft stiehlt.
Der wünschte drauf sich selbst, Diogenes zu sein,
Ein Faß war diesem nicht zu klein, 5. Kraft des Segens.
Und dem nicht eine Welt genug; n 3 icht ab,
O hãtte seinen Wunsch das Schigsal ihm h b i
gewährt Wie nun der Bischof ihn entdeckte,
Ich wett' er hätte bald mehr als Ein Faß Tnb nn ba u hn sreat.
begehrt. Sprach er: Herr! ist der Segen gut,
4. Guter Ton im Sterben. So geht er auch wohl durch den Hut.
Daß ohne Testament der Hofmann Varilas
Am Hof gestorben ist, wen wundert das?
3. Barth. Heinr. Brockes.
(Aus „Irdisches Vergnügen in Gott.“)
Kirschblüthe bei der Nacht.
Ich sahe mit betrachtendem Gemüthe Seh' ich von ungefähr
Jüngst einen Kirschbaum, welcher blühte, Durch alle Blumen in die Höhe,
In kühler Nacht beim Mondenschein; Und ward noch einen weißern Schein,
Ich glaubt', es könne nichts von größrer Der tausend mal so weiß, der tausend mal
Weiße sein. so klar,
Es schien, ob wär' ein Schnee gefallen. Fast halb darob erstaunt, gewahr.
Ein jeder, auch der kleinste Ast, Der Blüthe Schnee schien schwarz zu sein
Trug gleichsam eine schwere Last Bei diesem weißen Glanz. Es fiel mir ins
Von zierlich weißen runden Ballen. Gesicht
Es ist kein Schwan so weiß, da nämlich Von einem hellen Stern ein weißes Licht,
jedes Blatt, Das mir recht in die Seele strahlte.
Indem daselbst des Mondes sanftes Licht Wie sehr ich mich am Irdischen ergetze
Selbst durch die zarten Blätter bricht, Dacht' ich, hat Gott dennoch weit größre
Sogar den Schatten weiß und sonder Schätze.
Schwärze hat. Die größte Schönheit dieser Er—
Unmöglich, dacht' ich, kann auf Erden den
Was weißres angetroffen werden. Kann mit der himmlischen doch
Indem ich nun bald hin und her nicht verglichen werden.
Im Schatten dieses Baumes gehe:
4. Fr. Rud. L. v. Cantitz.
Abendlied.
(In des Verfassers letzter Krankheit.)
Wenn Blut und Lüste schäumen, Ich sah das Licht verschwinden,
So stärke meinen Geist, Die trübe Nacht bricht ein,
Daß er sich auch im Träumen Ach Herr, laß meine Sünden
Aus Satans Netze reißt. Auch mit verschwunden sein;
Hilf für mein Bestes sorgen, Streich sie aus deinem Buche
Verändre meinen Sinn, Das mich zum Schuldner mad
Und mache, daß ich morgen Und rette mich vom Fluche,
Ein neu Geschöpfe bin. Der mir schon zugedacht.
Weber, Lesebuch. 4. Aufl. 15