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Die Entstehung ües Deutschen Reiches 
Vertrauen in die preußische Politik. Beruhigend und zuversichtlich 
wirkten in ihrer einfachen Natürlichkeit die Worte des Königs in 
der ersten Ansprache an seine Minister: „Meine Pflichten für Deutsch¬ 
land fallen mit meinen Pflichten für Preußen zusammen." Der 
Konflikt, in den der König wegen der Heeresreform mit der das 
48 er Ideal der Volksbewaffnung doktrinär verfolgenden Volks¬ 
vertretung geraten war, ließ ihn in Bismarck den Mann finden, 
der Mut und Selbstvertrauen genug besaß, um auch gegen den 
Willen des Volkes die Aufgaben Preußens im eigenen Lande wie 
in Deutschland durchzuführen. Der König hatte die Schwierigkeit für 
zu groß errachtet und abdanken wollen. Da erinnerte ihn Bismarck 
an die Pflicht des Offiziers, einen Posten, auch einen verlorenen, 
bis zum letzten Augenblick zu halten. Und sein Mut, seine zu¬ 
versichtliche Sicherheit gaben auch dem Könige die Kraft wieder. 
Von dieser Zeit an verbindet beide ein Treueverhältnis, wie es 
idealer nicht gedacht werden kann: Bismarck, der treue Diener 
seines Herrn, und dieser treu zu seinem Minister stehend — ein 
erhebendes Beispiel deutscher Männer- und Königstreue, unbeküm¬ 
mert um alle Widerwärtigkeiten draußen und im eigenen Lager 
und Hause. 
Bismarcks Meisterhand ist jetzt am Werke. Auf den Idealismus 
der 30 er und 40 er Jahre, deren letzte Hauptvertreter die „Acht¬ 
undvierziger" gewesen waren, folgte der „Realpolitiker", der ruhig 
die Möglichkeiten abwog und die Verhältnisse nahm, wie sie sich 
boten, um sie dann nach seinem Willen zu ordnen. Entwürfe 
zum Bau eines neuen Reiches gab es in Fülle, aber einer hemmte 
den anderen. Bismarck brachte Ordnung in das Gewirr. Die 
Pläne Österreichs durchkreuzte er mit geschickter Hand, nicht ohne 
das stärkste Mittel anzuwenden. Als nämlich Österreich 1863 die 
schwebenden Fragen durch einen Fürstenkongreß unter seinem Vorsitz 
lösen wollte und den König von Preußen ausdrücklich durch ein eigen¬ 
händiges Schreiben seines Kaisers und durch persönliche Einladung 
des Königs von Sachsen zur Teilnahme bitten ließ, konnte Wilhelm 
dieser Form nicht widerstehen. Erst als Bismarck die Zusage als 
Grund zum Rücktritt vom Amte bezeichnete, gab Wilhelm seinem großen
	        
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