Das britische Reich.
230
Wenn wir in Westminster die Palläste der Großen gefunden
haben, so finden wir dagegen in der City alles, was auf Han,
del und Gewerbfleiß Bezug hat, zusammengedrängt. Oestlich von
der Paulskirche sehen wir zwei ungeheure Gebäude einander gegen,
uberliegen, welche für den englischen, wie für den ganzen irdi,
schen Handel als das Herz betrachtet werden können; die Bank
und die Börse. Welche; gewaltige Summen gehen nicht täglich
in der Bank ein und aus! Welche große Gewölbe sieht man
hier nicht theils von schweren Goldbarren, theils von Säcken mit
Silbergeld, theils von Banknoten strotzen! Unaufhörlich hört
man das Klimpern des Geldes, das auf die Tafel geworfen wird,
um das Aechte von dem Falschen zu sondern. In der Börse,
einem großen Gebäude, das ein großes Viereck einschließt, welches
von bedeckten Gängen und Hallen umgeben ist, findet man täg,
lich von 2 — 4 Uhr das größte Gewühl. Die großen Banquiers
haben ihre bestimmten Plätze. Um sic herum stehen unzählige
Menschen, die mit ihnen Geschäfte abmachen wollen. Welcher
Ausdruck in den Gesichtern der sich hier drängenden Menschen!
Wie spiegelt sich auf ihren Zügen Begierde, Furcht, Angst, Hoff,
nung, Freude ab, je nachdem die Papiere steigen oder fallen, ober
ihre unternommenen Geschäfte einen glücklichen oder unglücklichen
Ausgang genommen haben! In dem Erdgeschoß der Börse sind
eine Menge von Tabernen, Zeitungserpedilionen und sehr besuch,
ten -Kaffeehäusern, die voll Kaufleute sind, welche theils Geschäfte
abmachen, theils die Tagcsblätter aufmerksam lesen. Unter die,
sen Kaffeehäusern ist Lloyd's Kaffeehaus das berühmteste.
Es führt aber nicht den Namen mit der That; denn Kaffee ist
da so wenig als andere Erfrischungen zu haben, sondern der ziem,
lieh große Saal, voll kleiner Mahagonylische und abgcschloffener
Sitze ist nur für Handelsgeschäfte bestimmt. Alle Kaufleute näm,
lich, die diesen Ort dazu benutzen wollen, zahlen dafür jährlich
etwas Gewisses; dafür haben sie das Recht, hier sich aufzuhalten,
Geschäfte abzuschließen, und die Nachrichten zu lesen, die hier
aus allen Gegenden der Erde zuerst einlaufen. Zst ein Schiff un,
tergegangen, oder eins gekapert morden, oder sind die Preise der
Waaren gestiegen oder gefallen, so erfährt man das hier zuerst.
Für den Fremden ist eS besonders interessant, auf der Bör>e alle
europäischen Sprachen reden zu hören und Menschen nicht nur
aus allen Theilen Europa's, sondern selbst Asiaten und Afrikaner
zu sehen.
Von dem Getümmel der Bank und der Börse wenden wir
unS nach Westminster, in dessen Mitte ungefähr wir das große
britische Museum besuchen. Hier ist fast alles, was der
König von literarischen und Kunstschätzcn besitzt, zusammenge,
bracht worden, und wollten wir uns hier einigermaßen genau um,
sehen, so würden wir in mehreren Wochen nicht fertig werden.