DaS Königreich Spanien.
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Strenge zu beobachten, und dadurch schon glauben sie den Dei-
fall Gottes hinlänglich zu erwerben. Was dabei besonders auf¬
fällt, ist, daß sic Gott und Jesus ihre Majestät nennen. Wird
ein Geistlicher zu einem Kranken gerufen,' ihm das heilige Abend¬
mahl zu ertheilen, so läßt er sich in einer Sänfte hintragen.
Vorauf geht der Küster mit einer Glocke. Sobald diese auf der
Straße ertönt, so ruft jeder: „Dios, su mayestad!“ (Gott,
Ihre Majestät!), kniet augenblicklich nieder, und schlägt an seine
Brust. Sogar in jeder muntern Gesellschaft verstummt der Scherz
augenblicklich, und jeder stürzt auf die Knie, bis sich das Klin¬
geln in der Ferne verliert; dasselbe geschieht, wenn man bei Ti¬
sche sitzt, und wer im Bett liegt, muß sich wenigstens aufrichten.
Am sonderbarsten erscheint die Wirkung der Klingel im Schau-
spielhause. Kommt der Geistliche bei demselben vorbei, so tritt
die draußen stehende Wache ins Gewehr, die Trommel wird ge/
rührt, und alle Soldaten fallen auf das rechte Knie. So wie
man die Trommel im Schauspielhause Hort, erschallt von allen
Seiten der Ruf; „Dios! Dios!u (Gott! Gott!), und Zeder
kniet nieder, wo er steht. Die Stimmen der Schauspieler, das
Klappern der Castagnetten beim Fandango verstummt so lange,
bis man die Klingel nicht mehr hört. Dann aber setzen die Schau¬
spieler mit dem vorigen Lärm die Unterhaltung fort. Das heißt
Gottesdienst! — Wenn wir unsere Fahrt längs der Seeküste von
Cadiz in nordwestlicher Richtung fortsetzen, so finden wir das
Städtchen
Palos, an dem weiter nichts zu merken ist, als daß der
Entdecker Colombo 1492 von da aus seine erste Fahrt zur Ent¬
deckung Amerika's antrat *). Gerade östlich von Palos liegt
Sevilla (Sevilja), eine große Stadt mit 100,000 Ein¬
wohnern , in einer schönen, großen Ebene, am linken Ufer des
Guadalquivir. Schöne, hohe Mauern, schon von den Römern
erbaut, mit 166 Thürmen versehen, schließen sie ein. Die Stra¬
ßen sind eng und winklig, aber die Häuser meist gut. Fast alle
haben rings um den Hof Gallerien, auf welche sich die Thüren
der Zimmer öffnen. Milten im Hofe steht ein Springbrunnen.
Zm Sommer überzieht man diese Höfe mit einem großen Tuche,
und wohnt in ihnen wie in einem kühlen Zimmer. Diese Ge¬
wohnheit findet man in mehreren Städten Andalusiens, nament¬
lich auch in Cadiz. Das sehenswürdigste Gebäude ist der Al-
cazar (Alkassar). So heißt hier der alte maurische Königs-
pallast, der noch recht schöne große Säle und Zimmer enthält,
die aber immer mehr verfallen. Obgleich Sevilla nicht am Meere
liegt, so ist sie doch eine ansehnliche Handelsstadt.
♦) S- mein Lchrb.
LH. 2., S.219.
der Weltgeschichte für Töchterschulen, 2te Au6g>