Das Königreich Sardinien. 
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netten Wirthshause ungemein viel Unterhaltung. Alle Tage 
verändert sich die Gesellschaft, und alle Tage sicht man an 
der Wirthstafel andere Physiognomien und hört andere Aeu¬ 
ßerungen. Manchem sieht man es an, daß er sich gar nicht 
in das Gesicht finden kann, welches ihm hier die Natur zeigt; 
Mancher schaut rechts und links, und staunt in einem fort. 
Ein Andrer hat die kalten und steilen Berge herzlich satt, 
und ist froh, doch nun sagen zu können: „auch ich war in 
Chamouny! auch ich sah das Eismeer!" Andere wieder kön¬ 
nen nicht genug sehen, und wollen alle Berge und Hügel er¬ 
klimmen. Dort sitzt ein dicker Herr, der nur das auszuse¬ 
tzen hat, daß man, um auf die Berge zu kommen, steigen 
müsse. Daneben funkelt eine kühne Lady in Stiefeln und 
Mannsrock, oder eine magere Heroine aus Lyon, welche, ver¬ 
sichern, es sey ein wahrer Spaß, die höchsten Berge hin¬ 
auf zu laufen. Gewöhnlich dreht sich aber die Unterhaltung 
um die Besteigung des M o n t -A n v e r s, welche für alle 
diese starken und schwachen Geister und Leiber unerläßlich ist." 
„Um dahin zu gelangen, schreitet man über die Arve, 
und steigt dann auf ihrem linken Ufer etwas thalaufwärts. 
In etwa 3 — 4 Stunden kömmt man dann rechts auf den 
Gipfel jenes Berges, an dessen nördlichem Abhange vorbei 
sich das Eismeer, das Hier de glace, von den oberen Regio¬ 
nen des Montblancgebirges in das Thal zieht. Unten öffnet 
sich der Gletscher an der einen Seite mit einem dunkelblauen, 
weit gähnenden Schlunde, aus welchem der Arveyron hcrvor- 
strdmt, der sich bald mit der Arve vereinigt. Diese Vergreise 
ist die bequemste, und man kann sie bis zu drei Vierthcilcn 
auf einem Maulthiere reitend machen. Ihr Hauptzweck ist 
der schöne Blick auf das Eismeer und die herrliche Ansicht 
der Aeguillen, die es umgeben. Obgleich es sehr kalt, und 
der kleine gemauerte Pavillon, der hier zum Schutze gegen 
das Wetter gebaut ist, gedrängt" voll Damen und ihren Be¬ 
gleitern war, so zeichnete ich doch im Freien ein paar Ansich¬ 
ten von Gebirgsgruppen. Wir stiegen dann den nördlichen 
Abhang des Montanvers herab, und wanderten etwas auf 
dem Eismeere herum, geführt von dem alten Balmat, mit 
dem Beinamen Montblanc, demselben, der mit Doctor Pac-
	        
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