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Epische Poesie.
2. Hier von allen ganz verlassen,
sieht er eifrig mit Bemühn
an dem einen starken Nagel
ein barmherzig Vöglein ziehn.
3. Blutbeträuft und ohne Rasten
mit dem Schnabel zart und klein
möcht' den Heiland es vom Kreuze,
seines Schöpfers Sohn befrein.
4. Und der Heiland spricht in Milde:
„Sei gesegnet für und für!
Trag das Zeichen dieser Stunde
ewig: Blut und Kreuzeszier!"
5. Kreuzesschnabel heißt das Vöglein;
ganz bedeckt von Blut so klar,
singt es tief im Fichtenwalde
märchenhaft und wunderbar.
17. Der betrogene Aeufel.
Von Friedrich Rückert.
1. Die Araber hatten ihr Feld bestellt,
da kam der Teufel herbei in Eil';
er sprach: „Mir gehört die halbe Welt,
ich will auch von eurer Ernte mein Teil."
2. Die Araber aber sind Füchse von Haus;
sie sprachen: „Die untere Hälfte sei dein."
Der Teufel will allezeit oben hinaus:
„Nein," sprach er, „es soll die obere sein!"
3. Da bauten sie Rüben in einem Strich;
und als es nun an die Teilung ging,
die Araber nahmen die Wurzeln für sich,
der Teufel die gelben Blätter empfing.
4. Und als es wiederum ging ins Jahr,
da sprach der Teufel in Hellem Zorn:
„Nun will ich die untere Hälfte fürwahr!"
Da bauten die Araber Weizen und Korn.
5. Und als es wieder zur Teilung kam,
die Araber nahmen den Ährenschnitt,
der Teufel die leeren Stoppeln nahm
und heizte der Hölle Ofen damit.