Vorgeschichte Rußlands.
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Ludwig XIV. starb 1715; die Krone Frankreichs ging yn ein Kind
über, den zweijährigen Ludwig XV., für den zunächst sein Oheim, der 1715-
ebenso begabte wie sittenlose Philipp von Orleans, die Regent--
schaft führte.
3. Die Entstehung der russischen Großmacht
Vorgeschichte Rußlands.
§ 29. Der russische Staat ist gegründet worden durch Norman-
n e n schwedischer Herkunft, die im neunten Jahrhundert unter Führung
des Fürsten Rurik Großnowgorod eroberten und nachher immer weiter
nach Süden vordrangen, bis sie Kiew besetzten. Aus dem Dnjepr, der
„Griechenstraße", fuhren sie zum Meere und trieben Handel mit Kon-
stantinopel. Ruriks Geschlecht herrschte bis 1598; doch entstanden eine
Reihe von Teilfürstentümern, deren bedeutendstes das Großfürstentum
Moskau war. Seit dem Ende des zehnten Jahrhunderts empfingen die
Russen das Christentum von Byzanz, dem sie überhaupt ihre Kultur ent-
lehnten. Dies hat sie auf lange von der abendländischen Bildung getrennt.
Im dreizehnten Jahrhundert kam Rußland unter die Herrschast der ^
Mongolen, der „goldenen Horde". Erst Iwan III., Großsürst von z^^hrh'.
Moskau, befreite es gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts wieder und
einigte es. Seit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken wählten
die russischen Bischöfe selbst ihren Patriarchen. Im sechzehnten Jahr-^
hundert war es Iwan IV. der „Schreckliche", der durch Unterdrückung
des Adels und durch Gründung des stehenden Heeres der Strelitzen die
fürstliche Macht bedeutend stärkte. Er erweiterte ostwärts sein Reich
durch Eroberung von Kasan und Astrachan; damals begann bereits die
Eroberung von Sibirien durch einen kühnen Kosakenhauptmann. End-
lich suchte Iwan sein Volk kulturell zu heben, indem er deutsche Hand-
werker kommen ließ und mit den Engländern und Niederländern, die,
die östliche Durchfahrt suchend, den Weg zum Weißen Meer gesunden
hatten, über Archangelsk Handelsverbindungen anknüpste. Er nannte
sich zuerst Zar, d. h. Kaiser. Nachdem der Ruriksche Mannsstamm im
Jahre 1598 ausgestorben war, traten innere Wirren ein, während
deren die Polen durch Einsetzung des „falschen Demetrius" Rußland
von sich abhängig zu machen suchten. Erst durch die Erhebung des
jungen Michael Romanow zum Zaren wurde der innere Friede
wiederhergesteAt. fett 1613-