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fahren, daß er dergestalt in ein Haus gelaufen kommen. Weid nicht 
so zornig, liebe Frau,' sagt der König, 'ich bin ein guter alter 
Landsknecht, hab nicht viel zum besten und mein Armuthlin dem 
armen König Rudolf aufgehenkt; deshalb muß ich mich behelfen, 
wie ich kann.' — 'Troll dich hin zu deinem Bettlerkönig,' antwortet 
die Bäckerin, 'es geschieht euch allen recht, dieweil ihr das Land 
verheert und den Armen ihre Nahrung aus den Händen reißt.' 
König Rudolf sagt: 'Was hat denn der arme König angestellt, 
das so bös ist?' — 'Ist das nicht bös genug,' antwortet die Frau, 
'alle die Bäcker und ich arme Frau sind durch seine Kriege Bettler 
worden, können auch nicht zu Kräften kommen, so lang er lebt!' 
und nach vielen groben Scheltworten sagt sie zum König: 'Pack 
dich,'du Alter, oder ich mach dir Fuß!' Der König hat sonderlich 
Gefallen über der Frauen Eifer und will Glicht weichen; da er¬ 
wischt die Frau ein Kübel mit Wasser und schüttet's so ungestüm 
auf die Kohlen und den König, daß er gänzlich naß lind beraucht 
in seine Behausung gelaufen. Um den Mittag, als er zum Im¬ 
biß gesessen, hat er seine Wirtin taffen herbeikommen, eine Schüssel 
mit gutein Essen vom Tisch genommen und befohlen, daß sie das 
der Bäckerin sollt bringen sammt einem Quart Wein und der¬ 
selben wegen des alten Landsknechts Dank sagen, dem sie morgens 
bei den Kohlen so gut Bad geschenkt. Darauf hat der König 
denen, die an der Tafel gesessen, die Geschichte, so ihm begegnet, 
mit Fröhlichkeit erzählt. Aber die Bäckerin, als sie vernommen, 
daß sie mit dem Könige zu thun gehabt, ist in Furcht und Sorge 
gefallen, mit betrübtem Herzen in seine Herberge gangen und 
hat mit einem Fußsall um Verzeihung gebeten. Hiermit aber hat 
sie dem König noch mehr Ursach zur Kurzweil geben; denn er hat 
ihr gar nicht verzeihen wollen, sie schelte ihn denn wieder dergestalt, 
als 'sie morgens gethan. Endlich bat die Frau ein Herz gefaßt 
und, gleichsam in Entrüstung, alles wiederholt, was sie morgens 
ausgestoßen, dadurch den König und alle andern fröhlich gemacht 
und mit Gnaden ihre Abfertigung bekommen. 
Dies Exempel, wiewohl es zu unsern Zeiten mehr für eine 
Fabel 'als eine Wahrheit möcht gehalten werden, ist von glaub¬ 
würdigen Historikern beschrieben und von Verständigen als ein 
wahrhaft Exempel alter deutscher Tugend erkannt und hochgehalten. 
162. 
Der Junker und der Dauer. 
Von Richcy. 
Deutsche Gedichte, herauSg. von G. Schütz. Hamburg 1764—66. 3 Bde. 
Ein Bauer trat mit dieser Klage 
Vor Junker Alexander hin:
	        
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