168 
die ein kunstbegeisterter Monarch durch seine großen Künstler her¬ 
vorrief, die ewigen unwandelbaren Denkmale einer unsichtbaren Hand, 
die riesigen Alpen in ihrer ganzen Ausdehnung, von der Madele¬ 
gabel im Allgau bis zum Watzmann bei Berchtesgaden und den 
Salzburger Bergen, gekleidet in ruhiges Blau, dazwischen eine schim¬ 
mernde Felswand, dahinter ein weißer Gletscher, oder in seltenen 
Momenten, an herrlichen Sommerabenden, getaucht in glühendes 
Roth: dann füllt sich die Brust mit unwiderstehlichem Sehnen nach 
ihren schwindelnden Höhen, zerklüfteten Felsen, stürzenden Berg- 
wässern und grünen See'n. 
Zwar ist das bairische Hochland keine Schweiz. Die Gebirgs- 
stöcke sind dort höher, ausgebreiteter, gewaltiger, die Gletscher häu¬ 
figer, die See'n größer, die Fälle stürzen tiefer; doch erreichen hier 
die höchsten Punkte die gewiß respektable Höhe von 8—10,000 Fuß, 
wie die Zugspitze, der Watzmann, Mädele, Karwendel und andere, 
man trifft alle Typen der Alpennatur, und der wahre Naturfreund, 
der sich nicht von Namen und dem allgemeinen Fremdenzug be¬ 
stimmen läßt, findet sich gewiß hier eben so befriedigt wie dort. 
Auch ist es für den einzelnen Reisenden, der dem Geräusch großer 
Städte für einige Zeit zu entsagen kommt, wohlthuend, hier nir¬ 
gends den Zügen reisender Engländer zu begegnen, die in der Schweiz 
allenthalben jene großartigen und theuren Gasthöfe da hervorgerufen 
haben, wo man Ländlichkeit und Einfachheit fuchen möchte, und nur 
ausländischen Luxus für theures Geld findet. 
Wer das bairische Alpenland durchreisen will, muß sich begnügen, 
in einem einfachen Wirthshause beherbergt zu werden, wo er sich 
jedoch bei mäßigen Ansprüchen befriedigt und vor Allem allenthalben 
Reinlichkeit finden wird, ohne daß es ihn übrigens belästigen dürfte, 
wenn vielleicht am andern Tische Knechte und Mägde des Wirthes 
aus einer gemeinschaftlichen großen Schüssel ihr einfaches Mahl ein¬ 
nehmen, während sich neben ihn einer jener schmucken, stattlichen 
Söhne der Alpen setzt, wie sie von solcher Größe und Muskelkraft 
weder Schweizer, noch Tyroler, ihre Nachbarn, aufzuweisen haben. 
Er darf sich nicht gekränkt fühlen, wenn ihn dieser in seiner treu¬ 
herzigen schlichten Weise mit »Du« begrüßt, darf jedoch durchaus 
nicht glauben, dadurch mit Zudringlichkeiten belästigt zu werden. 
Hat der Mann einige »Hoalbi« Bier getrunken, so wird er lebendig, 
und beginnt seine »Schnattahüpf'ln« vorzutragen, kleine vierzeilige 
Lieder, die meist improvisirt werden, und ihr Wirthshaus-, Schützen- 
und Liebesleben besingen; nun rücken mehrere zusammen, und Einer 
sucht es dem Andern zuvorzuthun. Dabei wird in die Hände ge¬ 
klatscht, mit den Füßen gestampft und gejodelt. Es findet sich dann 
gewöhnlich eine Cither vor, das Instrument, welches ausschließlich 
den Alpen gehört, und hier fast von jedem ihrer Söhne gespielt 
wird. Bald ist nun auch ein »Deandl« (Mädchen) bei der Hand,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.