Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

®ct£ ersehnte Gewitter. Nach dem Gewitter. Der gerettete Jüngling. 377 
VI. Legenden. 
159. Der gerettete Jüngling. 
Von Johann Gottfried Server. 
Eine schöne Menschenseele finden 
ist Gewinn; ein schönerer Gewinn ist, 
fie erhalten, und der schönst' und schwerste, 
sie, die schon verloren war, zu retten. 
5 Sankt Johannes, aus dem öden Patmos 
wiederkehrend, war, was er gewesen, 
seiner Herden Hirt. Er ordnet' ihnen 
Wächter, auf ihr Innerstes aufmerksam. 
In der Menge sah er einen schönen 
10 Jüngling; fröhliche Gesundheit glänzte 
vom Gesicht ihm, und aus seinen Augen 
sprach die liebevollste Feuerseele. 
„Diesen Jüngling", sprach er zu dem Bischof, 
„nimm in deine Hut! Mit deiner Treue 
15 stehst du mir für ihn! — Hierüber zeuge 
mir und dir vor Christo die Gemeine!" 
Änd der Bischof nahm den Jüngling zu sich, 
unterwies ihn, sah die schönsten Früchte 
in ihm blühn, und weil er ihm vertraute, 
20 ließ er nach von seiner strengen Aufsicht. 
Änd die Freiheit war ein Netz des Jünglings: 
angelockt von süßen Schmeicheleien, 
ward er müßig, kostete die Wollust, 
dann den Reiz des fröhlichen Betruges, 
25 dann der Herrschaft Reiz; er sammlet' um sich 
seine Spielgesellen, und mit ihnen 
zog er in den Wald, ein Haupt der Räuber. 
Als Johannes in die Gegend wieder 
kam, die erste Frag' an ihren Bischof 
50 war: „Wo ist mein Sohn?" — „Er ist gestorben!" 
sprach der Greis und schlug die Augen nieder. 
„Wann und wie?" — „Er ist Gott abgestorben, 
ist, mit Tränen sag' ich es, ein Räuber." 
„Dieses Jünglings Seele", sprach Johannes,
	        
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