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Baumfrüchte; aber es bleibt für den Anbau wenig Raum. Von der Donaumündung 
an bis nach Asien hinein dehnt sich am Schwarzen Meere die Steppe, welche von 
W. nach O. an Breite zunimmt. Ihre Grundlage ist Granit, aber mit Schichten 
von Lehm und Letten überlagert. Weit und breit verliert sich das Auge in unerme߬ 
liche Flächen, ohne einen Baum oder eine menschliche Wohnung zu erblicken. 
Außer den größeren durchschneidenden Strömen giebt es nur Steppenflüsse und Salz- 
lachen. Uebrigens ist auch diese Steppe im Frühjahr das Bild der herrlichsten 
Vegetation; der üppigste Graswuchs und der lieblichste Blumenflor ist hier zu sehen. 
Der hohe Sommer brennt Alles zu Staub, und der Boden klafft in Spalten. Nur 
nomadische Stämme durchziehen die Steppe, welche auch zum erwünschten Weide¬ 
plätze für unermeßliche Pferde- und Rindviehheerden gebraucht wird. Hört noch zum 
Schluß, wie ein Geograph die Verschiedenheit, welche dies Tiefland in Pflanzen- 
und Thierwelt darbietet, also schildert: „Während auf dem Südrande der Halbinsel 
Krimm Wallnuß-, Granaten-, Quitten-, Feigen- und andere Obstbäume, Kastanien- 
und Oelbäume, Cypressen und Wein trefflich gedeihen, erstarren diese Gegenden am 
Weißen Meere über die Hälfte des Jahres zur Einöde. Durch die südlichen Steppen 
ziehen Kameele, am Don, Dnjestr und an der Weichseliveiden leichte, flüchtige 
Rosse, am Dnjepr starke, graue Rinder, in der Krim grauwollige Schafe, von deren 
Lämmern das Pelzwerk Krimmer den Namen hat; wogegen gen N. schnelle Renn- 
thiere, blaugraue Füchse, schwarzbraune Zobel, weiße Hermeline und Eisbären die 
Schneefelder durchstreifen. In dem 40 Quadrat-Meilen großen Urwalde von 
Bialowicza (im Gouvernement Grodno) leben — und zwar hier aus der Erde 
noch allein — Auerochsen und außerdem Eber, Hirsche, Rehe, Biber, Bären, Luchse, 
Wölfe." Die letzteren sind fast im ganzen östlichen Tieflande noch eine Hauptplage. 
In den Wäldern Preußens, Lithauens und Livlands kommt auch noch das jetzt 
sorgsam geschonte Elenthier vor. 
Jin östlichen Tieflande wohnen über 70 Mill. Menschen. Die große Mehrzahl 
bildet der Stamm der Slaven, welcher sich wieder in die Hauptvölker Russen 
und Polen theilt. An der Ostseeküste bildet im S. die Hauptmasse der Bevölke¬ 
rung der lithauische Stamm, im N. der finnische Stamm. Im O. und 
SO. giebt es auch viele Tataren, Mongolen u. A. Außerdem giebt es aber 
an der Ostseeküste viele Deutsche, die in Preußen die Hauptmasse der Bevölke¬ 
rung bilden und als Colonisten fast durch das ganze Tiefland zerstreut sind. Juden 
wohnen auf der ganzen Erde nicht so dicht als im Weichselgebiete.- — Außer einigen 
Strichen, welche Oesterreich und Preußen im Weichsel- und obern Dnjester- 
gebiete besitzen, gehört das ganze Tiefland zum russischen Reiche. 
50. Der Slör, Auerochs Ctenthier^ Wolf. 
Der Stör, einer der größten Fische, erreicht eine Länge von 16 bis 20 Fuß 
und wird mehre hundert Pfund schwer. Er hat eine fünffache Reihe von Schildern 
auf seinem Körper und einen langen spitz zulaufenden Kopf. Man findet ihn in den 
meisten europäischen Meeren; im Frühjahr geht er in die Flüsse, um zu laichen. Er 
wird häufig in der Elbe, Oder, Weichsel, Wolga'gefangen. Der stärkste Fang ge¬ 
schieht in Rußland. Der Hausen gehört zu denrselben Geschlecht, ist von gleicher 
Größe und hält sich vorzüglich im schwarzen und kasspischen Meere auf. Diese 
Knorpelfische sind für die Russen äußerst wichtig durch den aus ihnen bereiteten 
Caviar und den bekannten Fischleim, die Hausen blase. Der Caviar wird 
aus dem Rogen gemacht, der zuweilen bei einem einzelnen Stör 200 Pfund wiegt. 
Die Eier werden eingesalzen, die Lake stark ausgepreßt, die Masse in Fässer geschlagen 
und weit versandt. Man ißt den Caviar am häufigsten auf Brod, sonst auch an 
Speisen und um Saucen einen ausgezeichneten Geschmack zu geben. — Die Hausen- 
blase wird, wie der Name schon anzeigt, aus der Schwimmblase des Hausen ver¬ 
fertigt. Man erweicht die Blase im Wasser, schneidet sie der Länge nach auf, zieht 
die äußere Haut ab, wickelt sie in Leinwand, knetet sie darin mit den Händen und 
hängt sie dann zum Trocknen auf. Doch bedient man sich auch zur Bereitung dieses 
Leims der Haut, Floßfedern und Eingeweide jener Fische, kocht diese zusammen und 
bildet sie in hölzernen Formen zu dünnen Scheiben; und dieser ist der im Handel 
gewöhnlichste. In Weingeist aufgelöste Hausenblase, womit man schwarzen Taffem 
bestreicht, giebt das bekannte englische Pflaster. 
Der Auerochse, der Stammvater unsers zahmen Rindviehs, lebt jetzt nur noch 
sparsam in den wilden Wäldern Polens, Preußens und der Moldau. Cäsar fand ihn
	        
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