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sich in der Ebene am Fuß des Berges ausdehnt, mögen vielleicht in ihrer Ju¬ 
gend noch Einiges von der Herrlichkeit geschaut haben, die einst auf dem 
Berge thronte. 
Kaiser Konrad war der erste aus dem Hause der Hohenstaufen, der die 
Kaiserkrone trug. — Nach seinem Tode wählten die deutschen Fürsten einstim¬ 
mig unter dem lauten Zurufe des Volkes den Herzog Friedrich von Schwa¬ 
ben aus demselben Geschlecht. Fünf Tage nach der Wahl krönte ihn der Erz¬ 
bischof von Cöln zu Aachen. 
Friedrich war ein und dreißig Jahr alt. Männliche Kraft und edle Schön¬ 
heit zeichneten ihn aus. Sein Haar war blond und hing nach Sitte der da¬ 
maligen Zeit bis hinter die Ohren herab; auf der Stirn war es kur; abge¬ 
schnitten und gekräuselt. Seine Haut war weiß, seine Wangen roth. Wegen 
seines röthlichen Bartes nannten ihn die Jtaliäuer Barbarossa d. i. Rothbart. 
Aus seinen blauen Augen strahlte Milde und Wohlwollen; nur in dem Kampfe 
erglänzten sie wie ein niederschmetternder Blitz. Sein Gang war fest, seine 
Stimme rein, sein Anstand männlich und würdevoll. In ritterlichen Uebungen 
stand er Keinem nach. Bei Festen war er heiter; doch haßte er ausschweifende 
Lustigkeit. Von Sitten war er einfach, von Gesinnung edel und großmüthig, 
voller Achtung vor dem Gesetz und von Herzen gottesfürchtig. Obgleich er ein 
geschickter Feldherr war, so liebte er den Krieg doch nicht. Furchtbar und streng 
gegen Widerstrebende, zeigte er sich versöhnlich gegen Reuige. Dabei war er 
herablasiend gegen Jedermann. — Er übte ein starkes Regiment. Die Raub¬ 
ritter am Rhein ließ er seinen Arm fühlen. 66 ihrer Burgen legte er in 
Trümmer und verschaffte so den gewerbethätigen Städtern und den fleißigen 
Landlenten Ruhe und Sicherheit. Seine gewaltige Kraft beugte Dänemark und 
Polen. Unbestritten war er das Haupt der Christenheit; Gesandte aus Frank¬ 
reich, England, Spanien und Italien huldigten ihm im Namen ihrer Fürsten. 
Schwer empfanden die lombardischen Städte, und besonders Mailand, das er 
in Asche legte, seine starke Hand; nur dem Ungehorsam seines Vasallen, Hein¬ 
richs des Löwen, der ihn in schwerer Stunde verließ, ist es zuzuschreiben, daß 
er in Italien nicht den Sieg errang. — 
Groß war Deutschlands Herrlichkeit unter diesem Kaiser; nie war der 
deutsche Name mehr geachtet und gefürchtet, als damals. Nie sahen die deut¬ 
schen Gauen glänzendere Reichstage, als zu den Zeiten Barbarossas. Eine 
schmerzliche Klage ertönte, als die Trauerkunde nach Europa drang, daß der 
große Kaiser in den reißenden Fluthen des Saleph in Klein-Asien seinen 
Tod gefunden. Er hatte sich noch als ein Greis aufgemacht, um dem Sul¬ 
tan Saladin Jerusalem wieder zu entreißen. Auf dem Wege dahin rief ihn 
Gott ab. 
Noch heut geht die Sage, daß Kaiser Friedrich nicht gestorben sei, sondern 
daß er tief unten im Kyffhäuser-Berge schlafe. So lange die Raben um des 
Berges Spitze kreisen, so lange müsse der Kaiser dort unten verzaubert sitzen. 
Wenn aber ein Adler die schwarzen Vögel würde vertrieben haben, werde er 
wiederkommen, und mit ihm des deutschen Reiches Herrlichkeit.
	        
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