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von Rosen umblüht, mit Herrenhäusern, welche von Gärten umgrünt sind. Me
Flüsse, alle Bäche, alle Meeresufer sind mit Gärten, Parks und Schlössern be¬
säumt, und Landsitz reiht sich an Landsitz. Die schönsten Wege, große, kleine,
breite, schmale, — Wege von Holz, von Stein und von Eisen schlängeln sich
durch das Land, und das Master rieselt in reichlichen Strömen durch diese schönen
Anlagen. Hunderte von Flüsten, Bächen und Kanälen vertheilen sich nach allen
Richtungen hin. Hie und da sammeln sich die Gewäster zu Teichen und See'n.
An den ferneren Punkten des Reiches liegen die ärmeren Striche. In Schott¬
land erheben sich hohe Gebirge; in Irland breiten sich weite Moräste aus.
Das ganze Land aber schützen, wie mächtige Wälle, hohe, kreidereiche Ge¬
birge, und das Meer, das es mit schäumender Brandung umstürmt, trägt seine
starke Kriegsflotte.
Hinter den natürlichen Schutzwehren des Landes regt sich die lebendigste
Thätigkeit. Der Boden Englands birgt in seinem Innern unermeßliche Schätze,
vor allem Steinkohlen, Eisen und Zinn. Der Fleiß und die Betriebsamkeit
des englischen Volkes weiß dieselbe zu heben und zu verwerthen. England ist
ein Land der Fabriken, Dampfmaschinen und Eisenbahnen. Unaufhörlich, bei
Tag und bei Nacht, brausen Züge auf eisernen Schienenwegen nach allen Rich¬
tungen durch das Land. Aus englischem Eisen sind die Maschinen gebaut, mit
englischen Kohlen werden sie geheizt. Wenn man sich gewissen englischen Städ¬
ten nähert, sieht man von Weitem schon riesige Schornsteine in die Luft empor¬
ragen, denen ein schwarzer Rauch entsteigt; sie kündigen Fabriken an. In den¬
selben arbeiten in ruheloser Thätigkeit die Dampfmaschinen. Baumwollen-,
Eisen-, Stahl-, Leder-, Seidenwaaren u. s. w. entstehen hier mit unbegreiflicher
Geschwindigkeit. Bald fliegen sie auf den Eisenbahnen durch das Land, werden
auf den zahlreichen Kanälen verschifft, kommen in die Küstenstädte und werden
hier ans Schiffe geladen, welche sie nach fremden Erdtheilen führen.
49. Holland.
Wenn man den Rhein hinabführt der Nordsee zu, so gelangt man in ein
tief gelegenes Land, welches sich an den Küsten des Meeres hinstreckt. Wer
das Plattdeutsche versteht, kann sich wohl noch leidlich mit den Menschen, welche
dort wohnen, verständigen, und er merkt es bald, daß die Bewohner deutschen
Stammes sind. Das Land heißt Holland. Es ist reich an prächtigen Städten
und großen Dörfern. Herrliches Wiesenland siehst du da, und darauf stattliche
Rinder- und Viehheerden. An andern Stellen schweift der Blick über Haide¬
oder Geestland hin, das mit dem einförmigen Haidekraut bewachsen ist. Dann
wieder fällt das Auge auf mooriges Niederungsland, in welchem tausend flei¬
ßige Hände mit dem Stechen des Torfes beschäftigt sind. So geht eö fort im
bunten Wechsel. Aber wunderbar: — Alles, was dein Auge erblickt, hat der
Mensch aus dem Schlamme herausgehoben und zum Theil den Wogen des
Meeres abgewonnen. Denn es hat eine Zeit gegeben, wo die Fluchen der
Nordsee sich über diese Gegenden ergoffen. Noch heute muß der Holländer
sein Land, sein Haus, sein Feld vor dem Andringen des Meeres vertheidigen.
Wenn die Fluth kommt, steht er in Gefahr, seinen ganzen Reichthum in den
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