31
ber Hund diesen Vorzug anerkenne. Vor dem Zimmer des Kai¬
sers gelagert, ließ er keinen Fremden in dasselbe hinein, und wer
es dennoch wagen wollte, den knurrte er grimmig an und wies
ihm die scharfen Zähne, vor denen Jeder gern zurückwich.
Eines Tages kam auch der Herzog Leupold, der Sohn des
Kaisers, seinen Vater zu besuchen. Da trat ihm Packan, der ihn
kannte, liebkosend entgegen, wedelte mit dem Schwänze und gab
seine Freude auf mancherlei- Weise kund. Herzog Leupold freute
sich darüber und schmeichelte ihm wieder. Dennoch gab es der
Hund nicht zu, daß der Herzog sich dem Zimmer nahte, packte ihn
an dem Wamse mit seinen Zähnen fest und hielt ihn zurück. Der
Herzog, ein junger, starker Mann, wehrt ihn ab und will mit
Gewalt zu der Thüre; da fahrt der Hund empor und faßt den
Prinzen am Kragen fest. In der Ueberraschung und Hitze giebt
ihm dieser einen so derben Faustschlag in's Gesicht, daß der Hund
todt niederstürzt, und eilt jetzt, die Strenge seines Vaters kennend,
schnell davon.
Bald jedoch wird der Tod seines Lieblings dem Kaiser kund.
Höchst aufgebracht über den Frevel, ruft er seine Räthe zusam¬
men. „Ihr alle wisset es", sagte er, „wie lieb mir der Hund
war. Man hat ihn erschlagen. Wer mir den Mörder nennt,
den will ich kaiserlich belohnen, und wär' es der niedrigste Knecht
meines Hofes. Wer ihn aber erschlug, soll von mir verbannt und
auf's Härteste bestraft werden, und wäre es mein eigener Sohn."
Darüber erbebte der Herzog Leupold, der den Hund getödtet
hatte. Es bemerkte dies aber sein Bruder, Herzog Friedrich, und
alsbald trat er hervor, warf sich vor seinem erzürnten Vater nie¬
der und sprach: „Ich flehe um Gnade, mein Kaiser und Vater,
denn ich bin der Schuldige." Da ergrimmte der Kaiser und griff
nach seinem Schwerte. Herzog Leupold sah es, sprang hervor
und rief: „Glaubt es nicht, o Herr, es war Niemand sonst, als ich."
Der edle Wettstreit der Brüder dauerte eine Weile. Darüber
traten dem Kaiser Thränen in die Augen, und er sprach: „Ich
habe zwar einen treuen Hund verloren; aber sein Tod hat mich
die Bruderliebe meiner Söhne kennen gelehrt. Haltet ferner so
zusammen, meine Kinder, und>das Haus Habsburg wird nicht
untergehen." Von dieser Zeit an wurde der Kaiser wieder gnädig
und menschenfreundlich, und alle Unterthanen freuten sich seiner
und seiner Kinder.
Ps. 133, 1. Siehe, wie fein und lieblich ist es, wenn
Brüder einträchtig bei einander wohnen. —
45. Vom Dienen.
Verschiedene Aemter und Stände müssen sein. Am Himmel
übertrifft ein Stern den andern an Klarheit. An unserm Leibe