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t Der Kaufherr sahe seinen Diener fast zorniglich an, wie der
König Ahasveros die Esther, da sie nngerufen durch alle Thüren
hinein kam vor seinen Stuhl. Doch wandelte sich sein Unwille
alsbald zur Güte, und er sprach:
„Johann, ich weiß, daß du von dem Allen nichts wieder¬
sagst, bis ich mich zu meinen Vätern versammelt habe; darum
höre: — Mein Vater war ein armer Schuhflicker im Oberland,
und auf seinem Grund und Boden wuchs ihm nicht mehr Ge¬
treide, denn drei oder vier Aehren des Jahres in seiner verfaul¬
ten Dachrinne, wenn ein Sperling ein Korn darin liegen ließ.
Dazu hatte er sechs Kinder, und wenn er uns das Vesperbrot
schnitt, verschwand der Sechserlaib bald unter den Händen. Des¬
halb schaffte er das Vesperbrot zwischen Martini und Lichtmeß
ganz ab, weil er bei sich dachte: Um elf Uhr wird zu Mittag
gespeist und um fünf Uhr zu Abend; da können die Kindlein un¬
gegessen bleiben. Und wenn doch eins von den Kleinsten in
dieser Fastenzeit die Tischlade zog und sie leer fand, Pflegte der
Vater zu sagen: Die Schneegänse sind gekommen und haben das
Brot mitgenommen. — Seit dieser Zeit wird es mir immer so
wunderlich um's Herz, wenn ich diese Vögel höre."
So sprach der Herr des Schaffners. Der Erzähler aber
wünscht, es möchten alle reichen Kaufherren gleich ihm auf das
Vogelgeschrei achten, im Winter auf die Gänse und im Sommer
auf die jungen Sperlinge, welche rufen: Gieb, gieb!
Wohlstand ist dir nur gegeben,
dass auch And’re von dir leben. —
Bei Fröhlichsein, bei Trinken und Essen
sollst du des Lazarus nicht vergessen. —
Almosen ist des Reichen bester Schätz. — Arme Leute brin¬
gen einen Gruss vom lieben Gott mit. —
89. Das gute Heilmittel.
In Wien der Kaiser Joseph war ein weiser und wohlthäti¬
ger Monarch, wie Jedermann weiß; aber nicht alle Leute wissen,
wie er einmal der Doktor gewesen ist und eine arme Frau kurirt
hat. Eine arme, kranke Frau sagte zu ihrem Büblein: „Kind, hol
mir einen Doktor, sonst kann ich's nimmer aushalten vor Schmer¬
zen." Das Büblein lief zum ersten Doktor und zum zweiten;
aber keiner wollte kommen, denn in Wien kostet ein Gang zu
einem Patienten einen Gulden, und der arme Knabe hatte nichts
als Thränen, die wohl im Himmel für gute Münze gelten, aber
nicht bei allen Leuten auf der Erde. Als er aber zum dritten
Doktor ans dem Wege war, fuhr langsam der Kaiser in einer
offenen Kutsche an ihm vorbei. Der Knabe hielt ihn wohl für
einen reichen Herrn, ob er gleich nicht wußte, daß eS der Kaiser