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ganz anders steht die kernige, markige Eiche da, die ihr sonst
an Alter und mächtiger Grösse so ähnlich ist!
141. Die Sonne und die Tiere.
„O Sonne, scheine nicht so heiß;
ich muß vor Mattigkeit und Schweiß
bei meiner Arbeit schier erliegen!"
So rief der Esel. — „Dank für deinen Schein,
o Sonne!" rief die Schlange; „mit Vergnügen
leg' ich mich stundenlang hinein!" —
Die Eule schrie: „Verschone mein Gesicht
mit deinem mir verhaßten Licht,
o Sonne! Kann ich doch kein Schlupfloch finden,
wohin dein Strahl nicht dringt; ich werde noch erblinden."
„Wohlthät'ge Sonne, sei mir lange noch geneigt!"
hub eine Feldmaus an; „es reifen meine Ähren,
vollauf kann ich mich wieder nähren." —
Die Sonne hört es an, scheint fort und — schweigt.
142. Wie die Raupe eine Leiter macht.
Die Raupe, aus welcher der schöne Schmetterling wird,
kennt wohl jedes Kind. Aber nicht jedes Kind weiß, wie sich
die Raupe eine Leiter macht, wenn sie außen am Glase unseres
Fensters in die Höhe steigt.
Mit vielen ihrer Geschwister lebt die Raupe auf den Kohl¬
pflanzen. Sie frißt da manches Blatt kahl bis auf die Rippen.
Ist sie groß und dick, so verläßt sie ihr Futter. ■— Sie kriecht
am Hause herauf. Selbst an der spiegelglatten Glasscheibe steigt
sie weiter. Wie fängt sie das an? — Wir wollen sie uns bei
dieser Arbeit ansehen.
Ihr ganzer Körper erscheint aus vielen Ringen zusammen¬
gesetzt. Vorn befindet sich der Kopf mit zwei großen Augen.
Am Munde hat sie zwei scharfe Freßzangen, mit denen sie das
grüne Blatt zermalmt. Dicht hinter dem Kopfe sind sechs Beine;
jedes ist wie ein Haken krumm gebogen und mit einer harten
Spitze versehen. Von solchen Füßen sind an jedem der drei
ersten Ringe zwei. Man nennt sie die Brnstfüße. An derselben
Stelle entstehen später die Füße des Schmetterlings. Dann
folgen am Leibe der Raupe eine Anzahl Ringe, an denen kein
Fuß ist. Hierauf kommen vier Bauchringe, von denen jeder mit
zwei Füßen versehen ist; sie heißen die Bauchfüße. Von diesen
sind acht vorhanden. Zusammen hat also die Raupe vierzehn