254 Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
ermutigen könnte, hat er dies Versprechen nicht erfüllt; die von ihm
^Mnde.^ geschaffenen Provinzialstände, d.h. Vertretungen des Adels,
der Städte und der Bauern in den Provinzen, konnten nicht als Ersatz
für Reichsstände gelten.
Dennoch blieb Preußen auch serner der Staat, auf dem die Hoff-
nungen Deutschlands ruhten. Eben jene Periode war erfüllt von
einer angestrengten, vielseitigen und gesegneten Verwaltungstätigkeit.
Heer. Die Grundlage des Staats, das Heer, wurde neu organisiert. Die
allgemeine Wehrpflicht, die zunächst nur für die Zeit des
Befreiungskrieges geschaffen worden war, hielt Friedrich Wilhelm fest.
„Jeder Eingeborene, sobald er das 20. Jahr vollendet hat, ist zur Ver-
teidigung des Vaterlandes verpflichtet", hieß es in dem neueu Wehr-
gesetz. So blieb das preußische Heer ein Volksheer. Auf eine drei-
jährige Dienstzeit bei der Fahne folgte eine zweijährige bei der
Reserve; je sieben Jahre verblieb man darauf bei der Landwehr ersten
Verwaltung, und zweiten Aufgebots. Ferner mußte die Verwaltung des
Staates, der eine so starke Vergrößerung erfahren hatte, neu geordnet
werden. Das Land zerfiel von nun an in acht Provinzen, deren
Leitung Oberpräsidenten zugewiesen wurde, diese in Negierungs-
bezirke, die von den Regierungen und den an ihrer Spitze stehenden
Regierungspräsidenten verwaltet wurden; die Regierungsbezirke end-
lich wurden in Kreise geteilt, deren oberste Beamte die Landräte
waren. Das Beamtentum Preußens, pflichttreu und kenntnisreich,
ward kaum von dem Beamtentum eines anderen Staates erreicht;
seiner Tätigkeit besonders ist es zu danken, daß auch die neuerworbenen
Gebiete verhältnismäßig schnell mit den alten Provinzen zusammen-
Geistiges wuchsen. Für das g e i st i g e Leben sorgte der Staat in hervor-
6 eu' ragender Wehe. Die allgemeine Schulpflicht blieb auch ferner eine
der Grundlagen des preußischen Staatswesens. Das Volksschul-
Wesen, dessen Pflege den Gemeinden überlassen blieb, nahm einen
hohen Aufschwung; viele Gymnasien entstanden; für die Rheinlande
wurde in Bonn eine neue Universität gegründet.
So vereinigte Preußen die Pflege der Waffen mit der Pflege
der allgemeinen Bildung. Gleichzeitig nahm sich die Regierung der
Volkswirtschaft an. Der Verkehr wurde dadurch gefördert,
daß zahlreiche Chausseen gebaut und ein umfassendes Straßennetz
geschaffen wurde. Von großer Bedeutung war ferner die Einführung
Zollgcsetz. eines neuen Zollgesetzes. Alle Binnenzölle wurden abgeschafft.
Nur an den Grenzen wurden von nun an Zölle erhoben, die man
zwar nicht so hoch bemaß, daß sie den Verkehr lähmen konnten, die
aber die heimische Industrie vor dem übermächtigen Wettbewerb der
englischen Fabriken schützten. Besonders bedeutungsvoll aber war es,
daß die Regierung auf wirtschaftlichem Gebiete einen Weg einschlug,