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VIII. Bon der Ncligkonslehrs
lem taustn, um den Mann zu ehren, der mit unerschrokr
kener Freimüthigkeit dem Volke und seinem grausamen
Beherrscher die Wahrheit sagte. Johannes aber- ruft
ihm entgegen: sehet das Lamm Gottes, welches der Welt
Sünde tragt!
Zesus betrachtete mit schmerzlicher Wchmuth das
Elend seines Volkes. Von seinen Priestern und Schrift«
gelehrten im Aberglauben bestärkt, und in der tiefsten
Unwissenheit erhalten, hielt es das Opfern und das gedam
f enlose Hersagen langer Gebete, dre genaue Beobachr
tung der vorgeschriebenen Fasten und Reinigungen, ' für
Frömmigkeit; es verehrte Gott mit den Lippen, indeß
das Herz fern von ihm war. Jesus ruft alle Mühseligen
und Beladene zu sich, und verheißt ihnen, daß er sie er,
guikken, und ihnen Ruhe geben wolle für ihre Seele,
wenn sie sein Joch auf sich nehmen, und von ihm lernen
wollten. Durch wundervolle Heilungen macht er die
Aufmerksamkeit des Volkes rege, und erwirbt sich Liebe
und Vertrauen als Erretter der Unglücklichen. Bald ist
das ganze Land mit dem Rufe seiner Thaten, seiner Weis«
heit und seiner Menschenliebe erfüllt, und Tausende sam-
mein sich um ihn, wo er erscheint. „Er predigt gewal,
tig und nicht wie die Schriftgelehrten; so wie dieser,
hat noch nie ein Mensch gbredet"; das sind die Ur«
theile, welche man über ihn fallt, und die den Neid
und die Eifersucht der Schrifgclehrten gegen ihn rege
machen. Ein großer Prophet, heißt es von ihm, ist um
'ter uns aufgestanden, und Gott will sein Volk heimsu«
chen. Doch, wie sehr man auch den Wunderthäter an«
staunt und rühmt, er muß dennoch mit schwerem Herzen
klagen: „mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit
hörenden Ohren hören sie nicht"; nur sehr Wenige achten
auf seine Lehren und Ermahnungen, und nehmen sie zu
Herzen. Nur zwölf getreue Schüler, die er seine Apo-
fiel oder Boten nannte, und späterhin noch siebzig an¬
dere, sammelt er endlich in den niedern Ständen-, unter
den Fischern und Zöllnern. Sie begleiten ihn, und wer¬
den von ihm ausgesandt, seine Erscheinung anzukündigen.
Sein schönes Tagewerk ist lehren, segnen, trösten und er¬
retten ; er ist der Freund aller Unglücklichen; den Armen
predigt er sein Evangelium; selbst die Sünder ruft er
liebreich zu sich, und ifr bemüht, sie zu bessern, ^kl'ber