Full text: Der deutsche Kinderfreund

zur Beförderung Mer Gesinnungen rc. 45 
17. Der Barmherzige. 
Aunz und Klaus gingen einem sehe kalken Winter; 
rage mit einander über Feld. An der Straße fanden sie ei; 
nen unbekannten Menschen im Schnee liegen, welcher fest zu 
schlafen schien. Kunz hatte Mitleiden mit ihm, und aus Be; 
forgntß, daß er erfrieren möchte, näherte er sich ihm, um ihn 
ans dem Schlafe zu wekken Ader so viel er ihn auch rüttelte, 
so erwachte er doch nicht. Den kannst du lange rütteln, rief 
Klaus lachend; er wird nicht aufwachen, er ist betrunken; 
laß den Kerl liegen, und komm; ee ist kalt. Nein, antwortete 
Kunz, so unbarmherzig kann ich nicht sein, wie leicht könnte 
der arme Mensch erfrieren, und mag er immerhin betrunken 
sein, er ist eln Mensch, und zwar ein hülfebedürftiger Mensch; 
ich will thun, was ich kann, um ihn daö Leben zu retten. Nun 
so mache, was du willst, rief Klaus unwillig; ich mag nicht 
länger hier stehen und frieren; und damit ging er weiter. 
Krmz bedeckte nun eiligst den Schlafenden mit Schnee, weil 
er gehört harte, daß der Schnee warme, und lief dann so 
schnell wie möglich nach dem nächsten Dorfe, um einen War 
gen zu holen. Glücklicherweise fand er auch gleich einen menr 
schenfreundlichcn Bauer, der eben aus der S adr gefahren 
kam, und mir dessen Hülfe er den halbtodten Fremden sehr 
bald ins Leben brachte Fröhlich wanderte er tnrn nach Hause. 
Was urteilet ihr von Kunz? und was urtheilet ihr von Klaus? 
Wessen Betragen wollt ihr zum Muster nehmen? 
18. Die Furchtsame. 
Wilhelm ine hatt eine abergläubische Wärterin, wel; 
che ihr oft Gespenstergeschichten erzählte; dabei hatte man es 
ihr angewöhnt, immer bei einer Lampe, und nie allein zu 
schlafen. Dadurch wurde sie furchtsam. Sie war schon zehn . 
Aahre alt, als es sich traf, daß alle ihre Geschwister krank 
wurden; und da ihr Vater gerade verreist war, so musste es 
ssch W lhclmine zum ersten Male gefallen lassen, allein zu 
schlafen. Daher gerieth sie nun in große Angst, besonders da 
die Mutter keine Lampe iu ihrer Kammer wollte brennen 
lassen, sondern meinte, das große Mädchen könnte auch 
wohl einmal im Fenstern zu Bette gehen. Gar zu gern hätte 
sie in der Krankenstube geschlafen; aber dies wollte'die Mut¬ 
ter nicht zugeben, weil sie dadurch leicht hätte angesteckt wer¬ 
de» können. Weinend ging Wilhelmine in ihre Kammer, zog 
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